Schneller als erwartet 30.04.2018 22:35:00

Einigung im Mega-Deal: T-Mobile schluckt US-Rivalen Sprint - Sprint-Aktie bricht ein

Einigung im Mega-Deal: T-Mobile schluckt US-Rivalen Sprint - Sprint-Aktie bricht ein

Telekom-Chef Timotheus Höttges hält mit seiner Freude über den Mega-Deal in den USA nicht hinterm Berg. Das erste Mal in seiner langjährigen Tätigkeit als führender Manager für den Bonner Konzern habe es Applaus im Aufsichtsrat gegeben, berichtete Höttges schmunzelnd in einer am Montagmorgen einberufenen Analystenkonferenz. Nach mehreren vergeblichen Anläufen in den vergangenen sieben Jahren, T-Mobile US US in den Vereinigten Staaten zu fusionieren, ist dem 55-Jährigen endlich der große Coup gelungen: Die Telekom-Tochter schnappt sich den Rivalen Sprint. An der Börse reagierten die Telekom-Anleger zunächst positiv - die Aktie stieg in der Spitze um mehr als 3 Prozent. Am Nachmittag drehte sie jedoch ins Minus und verlor bis zum Handelsende auf XETRA 0,31 Prozent auf 14,50 Euro.

"Es ist ein großartiges Geschäft, mit dem wir unsere Position in den USA weiter stärken", sagte der Telekom-Lenker, der seit 2014 an der Konzernspitze steht. Bereits am Sonntag hatten beiden Seiten den Deal gefeiert, nachdem vor fünf Monaten die Fusion noch offiziell abgeblasen worden war. Doch jetzt haben die japanische Sprint-Mutter Softbank und die Deutsche Telekom eine verbindliche Einigung unterzeichnet, beide Unternehmen in den USA zusammenzuführen.

Die Zeit dafür war nach Einschätzung der deutschen Seite diesmal so günstig wie nie. "Die Vorgaben haben sich geändert", sagte Höttges. Als man vor einigen Monaten noch zusammengesessen habe, sei es um einen Zusammenschluss unter Gleichen gegangen. "Ich war nicht überzeugt, dass wir eine angemessene Kontrolle bekommen." Jetzt bekommen die Bonner zwar nur 42 Prozent der Anteile am fusionierten Konzern, haben aber mit insgesamt 69 Prozent der Stimmrechte und einer Mehrheit im Führungsgremium das Sagen - und können die vergrößerte T-Mobile US dabei weiter in ihrer Bilanz konsolidieren.

Dabei spielte der Telekom nicht nur der gesunkene Softbank-Aktienkurs in die Hände, womit die Verhandlungsmacht von Softbank-Chef Masayoshi Son sank. Auch die laut Höttges "mutige" US-Steuerreform spielte eine Rolle: Sie habe allein 9 Milliarden Dollar an Kostensynergien gebracht, von denen laut Höttges beide Unternehmen profitierten. Insgesamt sollen die Kosten durch die Fusion um 43 Milliarden Dollar sinken, etwa durch den Wegfall kostpieliger Mieten von Sendetürmen. Mögliche Umsatzsynergien seien in dieser Rechnung nicht enthalten, betonte Höttges, "etwa durch die zusätzlichen Chancen, die wir durch unser 5G-Netz und durch gewonnene Kundenmarktanteile haben."

Mit dem Zusammenschluss kommt T-Mobile US nun auf einen Stamm von 127 Millionen Kunden - und liegt nach Telekom-Angaben damit auf Augenhöhe mit den Branchenführern Verizon und AT&T. Höttges und der alte und künftige T-Mobile-US-Lenker John Legere wollen nun zum großen Wurf ausholen und das Breitband-Netz mit dem neuen Standard 5G in den USA schneller ausrollen. Die Ausgangssituation hierfür sei "einmalig gut": "Wir haben ein extrem gutes Netz", sagte Höttges, zudem bringe Sprint eine "extrem gute" Frequenzausstattung mit.

Dabei zielt T-Mobile US künftig nicht nur auf die großen Städte - Wachstum ist vor allem in bislang spärlich erschlossenen ländlichen Gegenden angepeilt, in denen das Shop-Netz deutlich ausgebaut werden soll. "Wir werden so vom ersten Tag an auch Stellen aufbauen", betonte der Telekom-Chef.

Größte Aufgabe für Höttges aber dürfte es nun sein, die Regulierungsbehörden in den USA zu überzeugen. Die Chance, dass der Deal durchgehe, sei angesichts des sich verändernden Marktes aber so gut wie nie zuvor, betonte der Manager. Welche Haltung das Weiße Haus einnehme, sei ihm allerdings unbekannt. US-Präsident Donald Trump gilt als unberechenbar. Erst kürzlich hatte Trump die Übernahme des Chipherstellers Qualcomm durch den Konkurrenten Broadcom aus Singapur platzen lassen.

Sollte die Übernahme durchgehen, hoffen die Konzerne auf einen Abschluss der Transaktion in der ersten Jahreshälfte 2019. Binnen drei Jahren soll sich das Geschäft dann auch positiv auf den Gewinn je Aktie der Telekom auswirken. Gleichzeitig hat der Kauf Einfluss auf die künftige Dividendenpolitik der Bonner. Denn die nötigen Infrastrukturinvestitionen in den USA dürften in den Jahren 2019 und 2020 auf den Free Cashflow drücken. Kurzfristig werde die Verschuldung steigen und voraussichtlich 2021 wieder auf das konzernübliche Maß zurückfallen, so Höttges.

Einen konkreten Ausblick für ihre Dividendenpolitik ab 2019 will die Telekom nun auf ihrem Kapitalmarkttag Ende Mai geben. Die Finanzierung der Sprint-Übernahme sei aber so gestrickt, dass die amerikanische Tochter einen großen Teil selbst schultere und Pläne des Konzerns zum Breitbandausbau in Europa nicht gefährdet seien.

Telekom und Softbank haben zudem vereinbart, dass der japanische Konzern binnen vier Jahren in mehreren kleineren Schritten bis zu 18 Prozent seiner Anteile am neuen Unternehmen verkaufen kann. Ob die Telekom dann zuschlagen werde, ließ der Manager bewusst offen. Die Stimmrechte blieben jedenfalls zu mindestens 51 Prozent in Bonn, sagte Höttges. In Europa, wo der Konzern gerade Tele 2 in den Niederlanden und den Kabelnetzbetreiber UPC in Österreich zugekauft hat, dürfte es vorerst aber keine größeren Übernahmen geben, sagte der Manager. "Ganz kann man das aber nie ausschließen, doch ich hoffe, es wird vorerst etwas Ruhe einkehren."

Telekom-Aktie mit Gewinnmitnahmen

Aktien der T-Mobile-Mutter Deutsche Telekom stiegen am Montag im Handelsverlauf erstmals seit Anfang des Jahres über die Marke von 15 Euro. Dann zollten sie jedoch dem zuletzt guten Lauf Tribut und drehten nach 4,7 Prozent Kursplus in zwei Handelstagen leicht ins Minus. Denn schon am Freitag waren die Kurse der Deutschen Telekom, von T-Mobile US und vor allem von Sprint kräftig gestiegen. Auslöser waren Medienberichte über die nahende Fusion, die sich inzwischen bewahrheitet haben.

Hohe Synergien und die Aussicht auf eine deutlich stärkere Position des fusionierten Mobilfunkanbieters auf dem US-Markt ernteten Applaus. Allerdings gab es mit Blick auf Kosten und Synergieziele auch warnende Stimmen. Zudem könnten auch die Wettbewerbshüter der Telekom noch in die Parade fahren.

"Wir werten den Deal als sehr positiv für die Deutsche Telekom", sagte Julie Saussier-Clement von der Credit Suisse. Denn statt vier gebe es auf dem US-Markt nun nur noch drei große Player. Neben der neuen T-Mobile sind dies der Marktführer Verizon und AT&T. Die Wettbewerbsbedingungen verbesserten sich also aus Sicht der Anbieter. T-Mobile werde in diesem Umfeld den Umsatz und die Profitabilität steigern können, argumentierte die Analystin.

Dhananjay Mirchandani vom Analysehaus Bernstein sieht in dem Deal jedoch auch eine "gewaltige Herausforderung". Er verwies auf die von der Telekom auf 15 Milliarden US-Dollar bezifferten Kosten der Integration. Diese seien für ihn eine Überraschung und in dieser Höhe "schleierhaft".

Als Problem für die Deutsche Telekom könne sich auch die hohe Verschuldung erweisen, so Mirchandani. So steige das Verhältnis der Nettoschulden zum operativen Ergebnis (Ebitda) von T-Mobile auf 2,9 und somit deutlich über die "Wohlfühlzone" von 2,0 bis 2,5 Prozent. Die US-Ratingagentur Standard & Poor's kündigte bereits an, die Bewertung der Kreditwürdigkeit der Deutschen Telekom auf eine Herabstufung zu prüfen.

Lobend äußerten sich die Experten zu den in Aussicht gestellten Synergien bei den Kosten. Diese lägen mit insgesamt 43 Milliarden Dollar weit über der Konsensprognose von 30 Milliarden Dollar, schrieb Akhuil Dattani von JPMorgan. Er habe mit 40 Milliarden Dollar Synergien gerechnet. Zudem würden Synergien bei den Umsätzen und den Steuern der beiden Unternehmen noch gar nicht berücksichtigt. Diese dürften aber beträchtlich sein.

Berenberg-Analyst Usman Ghazi hält bezüglich der Synergieziele etwas Vorsicht für angebracht, auch wenn er den Deal insgesamt als gut ausgehandelt lobt.

Zum US-Handelsschluss fielen die Aktien von Sprint um 13,7 Prozent auf 5,61 Dollar, während die Papiere von T-Mobile US um 6,2 Prozent auf 60,51 Dollar nachgaben.

/tav/men/fba

BONN (dpa-AFX)

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