Hintergrund |
04.03.2015 16:16:48
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Die EZB und ihre Geldschwemme: Falsche Zeit und falscher Ort?
Die Frage mag überraschen, gilt der riesige Wertpapierkauf doch als geldpolitisches Experiment sondergleichen. Die Zentralbank will Staatsanleihen und ähnliche Schuldpapiere im Wert von 60 Milliarden Euro kaufen - jeden Monat. Bis Herbst 2016 soll damit Zentralbankgeld von insgesamt über einer Billion Euro in die Finanzmärkte gepumpt werden. Der Plan, mit dem Konjunktur und Inflation angeschoben werden sollen, lautet: Die Verkäufer der Wertpapiere - in erster Linie Banken - sollen das neue Geld als Kredit an Unternehmen und Verbraucher weiterleiten oder anderweitig anlegen. Geschieht die Wiederanlage im Ausland, wertet der Euro weiter ab. Der Außenhandel wird dann über billigere Ausfuhren belebt.
Das hört sich plausibel an. Viele Experten weisen jedoch auf Fallstricke hin. Ein wichtiger Einwand lautet, dass die Nachfrage nach Staatsanleihen auch ohne das Interesse der EZB schon gewaltig sei. Daran ist die Notenbank nicht ganz unschuldig: Als Folge ihrer Nullzinspolitik herrscht Anlagenotstand. Die Kurse festverzinslicher Wertpapiere sind deswegen bereits extrem hoch. Das Beratungsunternehmen Sentix spricht von "Verzweiflung" am Anleihemarkt. Tritt die EZB als Großeinkäufer hinzu, könnte sich die Lage weiter zuspitzen.
Die EZB könnte jedoch auf ein noch größeres Problem zusteuern: Unter Experten gilt als fraglich, ob sich Investoren überhaupt von ihren Anlagen trennen wollen. Ein wichtiger Grund: Ältere Staatsanleihen werfen - im Gegensatz zu vielen neuen Papieren - Zinszahlungen ab. Daneben sind Staatsanleihen gerade für Banken besonders lukrativ, weil sie als risikolos gelten und in der Bilanz nicht mit wertvollem Eigenkapital unterlegt werden müssen. Michael Leister von der Commerzbank kommt in einer Studie zu dem Resultat, dass die meisten Besitzer von Staatsanleihen - europäische Geldhäuser, Versicherungen und Pensionsfonds - ihre Papier "nur widerwillig" an die EZB verkaufen werden.
Eine andere Frage ist, ob das riesige Konjunkturpaket der EZB überhaupt noch notwendig ist: Wirtschaftszahlen deuten darauf hin, dass sich der Euroraum zumindest stabilisiert hat, die Konjunktur vielleicht sogar anzieht. Von einer Rezession jedenfalls kann schon seit eineinhalb Jahren keine Rede mehr sein. Die schwache Inflation - der Hauptgrund für die EZB-Geldschwemme - ist vor allem Folge der massiv gefallenen Ölpreise. Von einer schädlichen Deflation mit auf breiter Front fallenden Verbraucherpreisen wollen die meisten Volkswirte nichts wissen.
So könnte es sein, dass die EZB nicht nur zur falschen Zeit - nämlich zu spät -, sondern auch am falschen Ort in die Vollen geht: Selbst EZB-Chef Mario Draghi hat mehrfach eingeräumt, dass die Erfolgsaussichten breiter Wertpapierkäufe in Europa schlechter seien als in anderen Ländern. Der wichtigste Grund: In den USA, wo die Notenbank schon 2008 in den Großankauf eingestiegen war, finanzieren sich Unternehmen viel häufiger über die Ausgabe eigener Anleihen. In Europa spielen dagegen Bankkredite eine wesentlich größere Rolle. Die unmittelbaren Auswirkungen von Anleihekäufen auf die Kreditzinsen gelten aber als geringer als die Wirkung auf die Zinsen von Unternehmensanleihen.
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--- Von Bernhard Funck, dpa-AFX ---
FRANKFURT (dpa-AFX)
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