16.02.2016 14:29:05
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EU will Mitsprache bei nationalen Gaslieferverträgen
BRüSSEL (AFP)--Die EU-Kommission will Europa widerstandsfähiger gegen Störungen der Energieversorgung machen. Dazu forderte sie am Dienstag über eine "Vorab-Prüfung" auch ein größeres Mitspracherecht beim Abschluss nationaler Gaslieferverträge. Brüssel wies aber zurück, dass sich diese Bestimmung insbesondere gegen den russischen Gazprom-Konzern richte. Und ob die deutschen Pläne für die Gaspipeline Nord Stream 2 darunter fallen, ist unklar.
Die Kommission stellte ein Paket zur Sicherung der Energieversorgung vor. Es soll die EU gegen Unterbrechungen der Energieversorgung wappnen. Dazu sieht es eine Drosselung der Energienachfrage und die Steigerung der Energieproduktion in Europa vor. Gleichzeitig strebt Brüssel eine Diversifizierung von Energiequellen an. Dazu gehört auch die Erhöhung des Anteils von Flüssiggas, das aus Norwegen oder der Golfregion bezogen werden kann.
"Nach den Gaskrisen von 2006 und 2009, durch die viele Millionen der Kälte ausgesetzt waren, haben wir gesagt: 'Niemals wieder'!", sagte Energiekommissar Miguel Arias Canete mit Blick auf Unterbrechungen von Lieferungen über die Ukraine. Damals hatte Gazprom die Lieferungen in die Ukraine wegen des Streits über Gaspreise gestoppt, wodurch es auch zu Versorgungsengpässen in Westeuropa kam.
Im Jahr 2014 erfolgte "Stresstests" hätten gezeigt, "dass wir noch viel zu anfällig für größere Störungen der Gasversorgung sind", sagte Canete. "Die politischen Spannungen an unseren Grenzen führen uns außerdem deutlich vor Augen, dass sich dieses Problem nicht einfach in Luft auflösen wird."
Das Paket richte sich "absolut nicht" gegen Gazprom, sagte der für die Energieunion zuständige EU-Vizepräsident der Kommission, Maros Sefcovic. Auch wenn das politische Verhältnis zu Russland "äußerst komplex" sei, bleibe das Land "ein wichtiger Partner der Europäischen Union" im Energiebereich.
Der Abschluss von Lieferverträgen eines Mitgliedslandes könne aber "eine negative Wirkung auf die Versorgungssicherheit von Nachbarländern haben oder auf das Funktionieren des Energiebinnenmarkts", sagte Canete. Die Kommission will deshalb nun einerseits zwischenstaatliche Abkommen stärker unter die Lupe nehmen. Eine Vorab-Prüfung soll demnach klären, ob EU-Vorschriften eingehalten würden, "bevor die Abkommen ausgehandelt, unterzeichnet und endgültig wirksam werden."
Auch bei größeren Verträgen zwischen Unternehmen will Brüssel künftig automatisch informiert werden. Dies gilt für Abkommen, die über mindestens ein Jahr laufen und den Marktanteil des Vertragspartners auf über 40 Prozent heben.
Ob auch das von deutschen Unternehmen vorangetriebene Projekt Nord Stream 2 darunter falle, sei offen, sagte Sefcovic. "Wir haben noch immer keine sehr genauen Informationen darüber." Fest stehe, dass auch dort europäisches Recht "vollständig angewendet" werde. Sefcovic verwies dabei darauf, dass das Vorhaben "auf hohem politischen Niveau" kontrovers diskutiert werde und "Zweifel" auch etwa bei Treffen der EU-Außenminister geäußert worden seien.
Im Juni war der Bau einer weiteren Leitung zum Transport von Erdgas von Russland nach Europa beschlossen worden: Nord Stream 2. Beteiligt sind Gazprom, die BASF-Tochter Wintershall und die Energiekonzerne Eon, Shell, OMV aus Österreich sowie Engie aus Frankreich. Durch den Ausbau wird Deutschland zum Hauptverteiler für russisches Erdgas in Westeuropa. Polen und die Ukraine werden als Transitländer für Gaslieferungen geschwächt.
Den Plänen der Kommission müssten das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten zustimmen. Erwartet werden noch hitzige Diskussionen um das Vorhaben.
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