07.07.2014 11:01:00
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Wirtschaftsbericht 2014 von Folgen der Hypo-Verstaatlichung geprägt
Die Hypo-Abwicklungsgesellschaft ist dafür verantwortlich, dass das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit 2014 auf 2,7 Prozent des BIP und die Staatsschuldenquote auf 79,2 Prozent des BIP ansteigen wird, heißt es im Bericht. Auch der erwartete Rückgang der Schuldenquote in den Jahren 2015 bis 2018 bis auf 71,5 Prozent wird wesentlich von den Entwicklungen in der Abbaugesellschaft geprägt sein.
Die allgemeinen wirtschaftlichen Aussichten haben sich, wie im Vorwort betonte wird, gegenüber den Vorjahren verbessert. So werde die Eurozone 2014 nach zwei Jahren wieder wachsen. Österreichs Volkswirtschaft habe sich wieder besser entwickelt als die Eurozone. Nach dem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 Prozent im Vorjahr soll sich das Wachstum heuer und im nächsten Jahr deutlich verstärken. Das Wifo prognostiziert für 2014 ein Wachstum von 1,4 Prozent, das IHS 1,5 Prozent. Für 2015 sind beide Institute mit Wachstumsraten von 1,7 Prozent bzw. 1,9 Prozent optimistischer.
"Der internationale Wettbewerb wird schärfer, das weltwirtschaftliche Umfeld bleibt schwierig. Daher müssen wir die Rahmenbedingungen für Österreichs Wirtschaft laufend verbessern und die Unternehmen als Partner beim Ausbau ihrer Wettbewerbsfähigkeit unterstützen", so Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP).
"Die Probleme häufen sich", konstatiert IHS-Chef Christian Keuschnigg im Wirtschaftsbericht. Das Steuersystem sei aus dem Ruder gelaufen und die Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit erdrückend, das Pensionssystem liege im Defizit, die Arbeitslosigkeit sei beunruhigend hoch, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sei gefährdet. Die Abwicklung der Hypo mache Stress und auf den Bankensektor kämen im Zuge der Bankenunion neue Belastungen zu. "Das Wachstum lahmt. Und im Budget ist kein Spielraum, um starke Akzente zu setzen", hält Keuschnigg fest. Er mahnt die Regierung zum Sparen auf der Ausgabenseite, um Budgetmittel für Investitionen freizumachen.
Bernhard Felderer, Präsident des Fiskalrates, sieht die Vorteile, die Österreich aus der Ostöffnung gezogen hat, zumindest vorläufig zu Ende gehen. Das österreichische Wachstum werde nicht, wie seit Ende der achtziger Jahre gewohnt, im Durchschnitt gut einen halben Prozentpunkt über der deutschen Rate liegen. Es werde zu einem zunehmenden internationalen Wettbewerb der Standorte kommen. Gründe für die mangelnde wirtschaftliche Zuversicht sieht Felderer auch im reduzierten Optimismus. "Die österreichische Wirtschaftspolitik wird deutliche Anstrengungen machen müssen, um ein Zurückfallen des Landes zu verhindern", so Felderer.
Für den Erste-Ökonomen Rainer Münz ist Österreich in der "Nachkrisenwelt" angekommen. Es sei davon auszugehen, dass das Wachstum auch in den kommenden Jahren nicht an die Zuwächse vergangener Nachkrisenphasen herankommt. Der öffentliche Sektor werde nur unwesentlich zum Wirtschaftswachstum beitragen können, weil im Jahr 2014 die Einrichtung der Hypo-Bad Bank das Haushaltsloch auf bis zu 3 Prozent anschwellen lassen wird. Da es sich dabei um einen Einmaleffekt handle, sei in den Folgejahren nicht mit weiteren gravierenden Folgen zu rechnen, der Staat werde aber bestrebt sein müssen, den Schuldenstand nicht weiter zu erhöhen.
Ex-EU-Währungskommissar Olli Rehn betont in seinem Gastbeitrag, dass die wirtschaftliche Erholung in Europa noch fragil sei. Trotz Reformerfolgen gebe es keinen Anlass für Selbstzufriedenheit. OECD Generalsekretär Angel Gurria wiederum bricht eine Lanze für das Freihandelsabkommen EU/USA, ohne es beim Namen zu nennen: Um Produktivität und Jobs anzukurbeln, müssten Barrieren im heimischen und internationalen Wettbewerb sowohl in den Industrie- als auch Schwellenländern beseitigt werden. So könnte das Beste aus der globalen Wertschöpfungskette herausgeholt werden.
"Österreich wird auch 2025 erfolgreich sein, wenn es seine Erfolge stärker auf Innovationen und Ausbildung aufbaut, Unterschiede der Startchancen nach Geburt, Elternhaus, Gender abbaut und dynamische Märkte beliefert", meint Wifo-Chef Karl Aiginger in seinem Beitrag.
Die Bundesregierung sollte nicht auf die Zukunft vergessen, mahnt Ulrich Schuh vom Institut Eco Austria. Angesichts des vermutlich anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Umfelds sollten daher verstärkt zukunftsorientierte wirtschaftspolitische Weichenstellungen erfolgen, die zur Stärkung der Wachstumskräfte der österreichischen Wirtschaft beitragen. Für Schuh zählt dazu etwa der zügige Ausbau des Breitband-Internets, die Anhebung der Erwerbsbeteiligung Älterer sowie Akzente im Bildungssystem.
"Ob Steuer- und Abgabenlast, Pensionen, Staats-, Verwaltungs- und Gesundheitsreform, in Österreich gibt es genügend Reformfelder, auf denen dringender Handlungsbedarf besteht", so Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek. Die Baustellen seien altbekannt, die Umsetzung lasse jedoch auf sich warten. Österreichs Wirtschaftspolitik müsse nun von "Antikrisenpolitik auf Zukunftspolitik" umschalten, fordert Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer. Die Wirtschaftspolitik müsse alles unternehmen, um den Pessimismus bzw. die Deflationsgefahren zu bekämpfen.
Für BAWAG-P.S.K.-Ökonom Ingo Jungwirth und Erste-Ökonom Rainer Münz sind die Risiken für 2014 und 2015 eindeutig politischer Natur. Zum einen sei die Lage in der Ukraine instabil, zum anderen habe sich die Sicherheitslage im Nahen Osten weiter verschlechtert. Negative Folgen für die Konjunktur in Österreich und Europa hätte vor allem ein deutlicher Anstieg der Ölpreise im Gefolge einer Nahostkrise.
Das größte Risiko für den moderat positiven Wirtschaftsausblick stellt für Jungwirth eine Isolation Russlands bzw. eine Verschärfung der Spannungen zwischen EU/USA und Russland dar. Negativ auf das Wirtschaftswachstum in Österreich auswirken könnten sich laut Münz: eine Unterbrechung der Lieferung von russischem Erdgas durch die Ukraine, schärfere Sanktionen der EU gegen Russland, eine krisenbedingt verringerte russische Nachfrage nach österreichischen Waren und Dienstleistungen. Letzteres könnte auch weniger russische Touristen bedeuten.
Letztlich gebe es noch die Risiken in Verbindung mit der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), meint Münz. So bestünden gewisse Zweifel, ob die lang anhaltende Niedrigzinspolitik tatsächlich die Konjunktur befördert.
(Schluss) ggr/ivn
WEB http://www.hypo-alpe-adria.com
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