09.03.2015 19:00:31

Weidmann: Haltung zu Staatsanleihekäufen Frage der Risiko-Abwägung

   Von Hans Bentzien

   ZÜRICH/FRANKFURT (Dow Jones)--Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat den Ankauf von Staatsanleihen durch die Zentralbanken des Eurosystems kurz nach Beginn des Kaufprogramms nur moderat kritisiert. Einerseits seien die gedämpften Inflationsaussichten ein Problem für die Schuldentragfähigkeit und könnten die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik gefährden. Andererseits bringe der Ankauf von Staatsanleihen unter den besonderen Bedingungen eines Währungsraums mit souveräner Finanzpolitik besondere Risiken mit sich, sagte Weidmann in Zürich und fügte hinzu: "Am Ende ist die Entscheidung über Anleihekäufe eine Abwägung, welche Risiken schwerer wiegen." Weidmann hatte gegen das Ankaufprogramm gestimmt.

   Laut Weidmann besteht derzeit Einigkeit darüber, dass die Inflationsaussichten noch für einige Zeit gedämpft bleiben. "Der EZB-Rat hat sich daher entschieden, durch groß angelegte Staatsanleihekäufe den Expansionsgrad der Geldpolitik nochmals zu erhöhen", sagte er. Das Eurosystem befinde sich geldpolitisch gesehen derzeit ohne Frage in einer schwierigen Situation. Wenn es ihren Richtwert für die Inflationsrate über eine zu lange Zeit nicht erreiche, könne das negative Folgen haben, denn die Wirtschaftsakteure hätten sich auf dieses Tempo des Preisauftriebs eingestellt.

   Der Bundesbank-Präsident nannte als Beispiel Schuldner, die ihre Verträge am Richtwert von knapp 2 Prozent ausgerichtet haben. "Bleibt die Inflation für eine lange Zeit dahinter zurück, erschwert das ihnen den Schuldendienst. Und das könnte wiederum auch Rückwirkungen haben auf die Preisentwicklung und die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik. Die Gefahren, die mit einer zu langen Phase zu niedriger Inflationsraten verbunden sind, müssen also ernst genommen werden", sagte das EZB-Ratsmitglied.

   Allerdings überwiegen aus Weidmanns Sicht die Risiken von Staatsanleihekäufen. "Die Gründerväter der Währungsunion wussten sehr genau, dass in einer Währungsunion mit einer gemeinschaftlichen Geldpolitik und weiterhin souveränen Fiskalpolitiken der inhärente Verschuldungsanreiz der Länder umso höher ausfallen wird, je leichter sie die Folgen einer unsoliden Haushaltspolitik auf andere Mitgliedstaaten oder das Eurosystem überwälzen können", sagte er.

   Deshalb verböten es die Europäischen Verträge dem Eurosystem, Anleihen direkt den Mitgliedstaaten abzukaufen oder ihnen Kredit zu gewähren. Nun kaufe das Eurosystem die Staatsanleihen nicht auf dem Primär-, sondern auf dem Sekundärmarkt. Das sei nicht verboten. Aber immerhin werde das Eurosystem mit den Käufen zum größten Gläubiger der Staaten, so dass die Verquickung von Geld- und Fiskalpolitik deutlich zunehme.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

   DJG/hab/smh

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   March 09, 2015 13:30 ET (17:30 GMT)

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