Interview 29.03.2016 12:07:00

Verbund-Chef sieht Änderungen beim Strompreis um das Jahr 2020

Dass die Strompreise wie derzeit auf etwas über 20 Euro pro Megawattstunde fallen würden, hätte er vor einem Jahr noch nicht geglaubt. "Ich bin aber überzeugt, dass wir um das Jahr 2020 herum eine Änderungen sehen werden", so Anzengruber im "Standard" (Dienstagausgabe).

2022 gehe das letzte Atomkraftwerk in Deutschland vom Netz. Zusätzlich kämen viele andere Kraftwerke an ihr Lebensende, Kapazitäten würden vom Markt verschwinden. Mit Windrädern oder Solarmodulen kämen zwar Mengen dazu, aber keine gesicherte Leistung. "Alles, was gesichert ist, fällt tendenziell raus - Atom-, Kohle-, Gaskraftwerke". Es geschehe zwar einiges auf der Technologieseite, die Volatilität bleibe aber.

Die Grundsatzentscheidung sei, ob man in regulierte Märkte gehe oder doch wieder in Wettbewerbsmärkte. Anzengruber, er ist auch Präsident des E-Wirtschafts-Interessenverbandes Oesterreichs Energie, spricht sich für einen Wettbewerbsmarkt aus. Wettbewerbsorientierte Märkte seien effizienter als regulierte. "Wir retten zuviel, in allen Branchen. Wenn man das Ausscheiden zuließe, hätte man wahrscheinlich auch die Finanzkrise bewältigt."

Auf die Frage, ob der Strompreis wieder 50 Euro pro Megawattstunde (MWh) erreichen könnte, sagte Anzengruber, man sei in Deutschland nicht weit davon weg. "Die Menge Strom, die verbraucht wird, multipliziert mit dem Marktpreis plus Förderungen, das dividiert durch den Stromverbrauch ergibt etwas über 40 Euro. Das ist ja die Diskrepanz, die uns Kunden vorhalten." Die Umlagen stiegen, nicht der Preis für die Energie.

Die Schieflage im Energiesystem fortschreiben gehe nicht mehr. "Entweder alles kommt in die Förderung oder alles in den Wettbewerb." Deutschland setze einen richtigen Schritt, indem man 2017 von der klassischen Einspeiseförderung weggehen und Versteigerungen vornehmen wolle. Er spricht sich auch für größere Märkte aus.

Zum Thema Konsolidierung des österreichischen Strommarktes und Aussagen des früheren E-Control-Vorstandes Walter Boltz, dass von den 140 bis 150 Stromanbietern über kurz oder lang 15 bis 20 übrig bleiben würden, sagte Anzengruber im "Standard-Interview": "Ein Land wie Österreich mit 8,5 Millionen Einwohnern, einem Stromverbrauch von 70 Terawattstunden und rund 150 Energieunternehmen - da kann man schon den Eindruck haben, dass das etwas viel ist".

Auf die Frage, ob der Verbund als Konsolidierer am Markt auftreten wolle, meinte er: "Wo es keine Verkäufer gibt, gibt es auch keine Käufer." Ob es an den politischen Mehrheiten liege? "Ja, schon. Ich bin aber auch nicht der Verfechter von irgendwelchen österreichischen Lösungen. Das wären wieder nur nationale Gebilde. Ich bin auch nicht für Blindzusammenschlüsse." Auf der Erzeugungsebene und bei den Netzen würde es Sinn machen zusammenzugehen. "Im Endkundenmarkt würde ich nichts tun. Da haben wir, glaube ich, kein Problem, wenn es 150 Stromanbieter gibt."

Zur Korrektur der Verbund-Dividende auf 35 Cent sagte Anzengruber: "Wir wollten die Dividende nicht so stark erhöhen, nur geringfügig von 29 auf 30 Cent. Wir haben bei der rechtlichen Überprüfung aber feststellen müssen, dass unsere Satzung diesen Schritt angreifbar macht. Nach unserer etwas antiquierten Satzung muss immer der ausgewiesene Bilanzgewinn voll ausgeschüttet werden." Drängende Anrufe dazwischen aus dem Ministerium habe es "überhaupt nicht" gegeben.

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