08.09.2015 22:07:38

Schwäbische Zeitung: Dogmen über Bord werfen - Leitartikel zum Thema Gemeinschaftsschule

Ravensburg (ots) - Zum Schuljahresbeginn am kommenden Montag wird es in Baden-Württemberg 271 Gemeinschaftsschulen geben. Diese stattliche Zahl schafft Fakten: Wer auch immer ab dem Frühjahr 2016 im Südwesten regiert, wird die bildungspolitische Uhr nicht um fünf Jahre zurückdrehen und die Gemeinschaftsschule wieder abschaffen können. Für einen solchen Zickzackkurs gibt es weder im Landtag noch in der Bevölkerung eine Mehrheit.

Doch dies bedeutet noch längst nicht, dass an der neuen Schulart alles rundläuft. Im Gegenteil: Durch den Anspruch der grün-roten Landesregierung, die Gemeinschaftsschule im laufenden Betrieb zu entwickeln, waren Fehlentwicklungen und Enttäuschungen von vornherein zu erwarten.

Umso wichtiger ist es, erkannte Probleme ohne programmatische und ideologische Scheuklappen im Sinne der Schüler und Lehrer schnell zu analysieren und anzugehen - und dabei auch manches pädagogische Dogma über Bord zu werfen, wenn es den Praxistest nicht besteht. Eine neue Lernkultur fällt nicht mal eben vom Himmel, sondern muss hart erarbeitet werden - Fehler und Irrwege inklusive.

Wenn Forscher an einer Vorzeige-Gemeinschaftsschule wie in Tübingen heftige Probleme beim gemeinsamen Lernen verschiedener Leistungsniveaus feststellen, besteht schlichtweg Handlungsbedarf - jenseits aller Ideologien und ohne Rücksicht darauf, ob die entsprechende Studie eigentlich nur für den internen Gebrauch gedacht war.

Lehrer, Schüler und Eltern haben ein Recht darauf zu erfahren, was an einer Schule nicht gut läuft und was man verbessern kann. Nur wer die praktischen Probleme benennt, kann sich von abstrakten Strukturdebatten über zwei- oder dreigliedrige Schulsysteme lösen und konkret darüber reden, wie sich die Qualität der Schulen vor Ort verbessern lässt.

Eine solche Qualitätsdiskussion würde übrigens nicht nur den neuen Gemeinschaftsschulen dienen. Auch die anderen Schulformen können nur gewinnen, wenn sie sich immer wieder kritisch hinterfragen.

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Pressekontakt: Schwäbische Zeitung Redaktion Telefon: 0751/2955 1500 redaktion@schwaebische-zeitung.de

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