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05.02.2021 20:30:38
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Profitable Ultralangläufer, ein Marktkommentar von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - Langlaufende Anleihen und sogenannte Ultralangläufer mit
Fälligkeiten jenseits der 30-Jahre-Frist sind am Anleiheprimärmarkt der
Eurozone der Renner. Zahlreiche Staaten haben das Segment bereits bedient. Dazu
gehörten Portugal (30 Jahre Laufzeit), Slowenien (60 Jahre), Indonesien (12
Jahre), Irland (10 Jahre) und Italien (16 Jahre). Chile stockte eine 10-jährige
Anleihe auf und begab zudem einen 30-jährigen Social Bond. Belgien kam in der
gerade abgelaufenen Woche mit einer 50-jährigen Anleihe und Frankreich ging
erstmals seit dem Jahr 2016 wieder ins 50-jährige Segment. Das Land
Nordrhein-Westfalen brachte einen Jahrhundertbond. Jenseits der Staaten war die
in Luxemburg beheimatete Europäische Investitionsbank (EIB) - die Bank der EU -
ebenfalls mit einem 30-jährigen Schuldtitel erfolgreich. Großbritannien
emittierte im Pfund die Fälligkeit 2046. Durch die Bank weg trafen die neuen
Lang- und Ultralangläufer auf sehr robuste Nachfrage: Gut 40 Mrd. Euro waren es
in Portugal, mehr als 60 Mrd. Pfund bei den Briten und mehr als 75 Mrd. Euro bei
den Franzosen. Die EIB kam auf mehr als 14 Mrd. Euro. Platzierungsprobleme sehen
anders aus.
Diese hohe Nachfrage ist saisonal üblich. Weite Anlegerkreise schließen in etwa
ab Ende November die Bücher. Im Dezember geht das Emissionstempo deutlich
zurück, weil die Emittenten den Jahresbedarf des Fundings längst gedeckt haben.
Zu Beginn des neuen Jahres sitzen viele Investoren auf Cash, zu denken ist an
Versicherer, die über den Jahreswechsel Beitragszahlungen vieler
Versicherungsarten bekommen. Dieses Geld drängt nach Anlage. Wer dann noch einen
Zinskupon bekommen kann, der im positiven Bereich liegt, greift zu. Denn viele
Laufzeitenkurven von Emittenten liegen im Minus, so etwa bei Staaten. Beim Bund
liegt die gesamte Kurve von wenigen Monaten Laufzeit bis hin zu 30 Jahren
Fälligkeit - dies ist die längste Laufzeit des Bundes - in der Negativzone. Es
ist in diesem Marktumfeld davon auszugehen, dass angesichts der guten Nachfrage
weitere Emittenten - nicht nur im Staaten- oder staatsnahen Bereich - mit langen
oder sehr langen Laufzeiten auftreten werden.Am Markt stehen die langen und
ultralangen Laufzeiten wortwörtlich hoch im Kurs. Das bedeutet nichts anderes,
als dass diese Papiere auch für die Investoren kein schlechtes Geschäft sind -
ganz im Gegenteil. Österreich hat als einziges Eurozonenland die 100-jähirge
Fälligkeit im Programm. Ende Juni vorigen Jahres wurde eine neue 100-jährige
Staatsanleihe des Landes an den Markt gebracht. Sie hat einen Kupon von 0,85
Prozent und rentiert aktuell mit gut 0,60 Prozent. Emittiert wurde sie am 30.
Juni 2020 zu einem Emissionspreis von 98 Euro. In der gerade abgelaufenen Woche
lag die Notierung am Sekundärmarkt bei knapp 120 Euro. Das sind immerhin 22 Euro
in einem guten halben Jahr. In Prozent ausgedrückt: gute 22 Prozent in sieben
Monaten. Wer da noch von mickrigen Erträgen am Staatsanleihemarkt der Eurozone
spricht, hat entweder eine jenseits des Mainstreams liegende Definition von
"mickrig" oder sich noch nicht allzu lange mit dem Anleihemarkt beschäftigt.
Denn eine Jahresperformance von um die 40 Prozent muss man beim Dax schon sehr
lange suchen.
Es ist die Frage, wo die Reise bei den Ultralangläufern nun noch hingehen wird.
Derzeit ist die Obergrenze bei 100 Jahren (von den Perpetuals der Unternehmen,
die mit früheren Kündigungsrechten des Emittenten verknüpft sind, abgesehen).
Angeboten werden sie etwa von NRW (Renditen um 1 Prozent), Österreich und
außerhalb der Eurozone von Mexiko (Rendite gut 3,3 Prozent). Gut möglich, dass
der erste Emittent bald einmal testet, ob die Anleger auch bereit sind, ihr Geld
noch länger als 100 Jahren zu verleihen - vielleicht für ewig. Damit würden dann
die ewig laufenden Staatsanleihen (Consols) wieder aus der Taufe gehoben werden,
die im Jahre 1751 erstmals von Großbritannien begeben wurden. Der Debüt-Consol
der USA kam in den 1870er Jahren. Die Regierung des emittierenden Staates hat
dabei die Option zu entscheiden, wann das Schuldpapier zurückgezahlt wird. Das
kann sehr lange dauern: Die britische Regierung zahlte am 5. Juli 2015 die
letzten Consols des Vereinigten Königreiches zurück, die 1888 und 1903 begeben
wurden und Zinskupons von 2,75 Prozent bzw. 2,5 Prozent hatten. Es gibt an den
Finanzmärkten viele Exzesse. Wenn aber die Consols wieder aus der Schublade
geholt werden sollten, sollten sich Anleger über die aktuelle
Schuldentragfähigkeit und die Schuldenstrategien der Staaten und anderer
Emittenten vielleicht noch mal den einen oder anderen Gedanken machen. Gesund
ist das nicht.
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