14.07.2016 20:36:39

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Börsen-Zeitung: Carneys Worte, Kommentar zur Bank of England von

Andreas Hippin

Frankfurt (ots) - Wieder einmal haben sich die Marktteilnehmer von

Mark Carney in die Irre führen lassen. Schon vor einiger Zeit wurde

der Gouverneur der Bank of England wegen seiner widersprüchlichen

Aussagen mit einem unzuverlässigen Liebhaber verglichen. Vor dem

EU-Referendum malte er die Folgen eines Votums für den Austritt in

den düstersten Farben: ein starker Preisauftrieb und - gegen jede

Vernunft - steigende Zinsen. Das brachte ihm den Vorwurf ein, sich

von den Befürwortern eines Verbleibs in der Staatengemeinschaft vor

den Karren spannen zu lassen. Seine Zurückhaltung dabei, Abgeordneten

nach der Volksabstimmung Einblick in seinen Schriftverkehr mit

Schatzkanzler George Osborne zu gewähren, wirkte nicht gerade

vertrauensbildend.

Kurz nach der Entscheidung für den Brexit stellte er - entgegen

seiner vorherigen Warnungen - eine weitere Lockerung der Geldpolitik

in Aussicht. Bis zur Sitzung des geldpolitischen Komitees der

Notenbank wollte er damit nicht warten und setzte das Gremium mit

seinen Äußerungen unter Zugzwang. Prompt rechneten zwei Drittel der

Volkswirte mit einer Senkung des Leitzinses um mindestens 25

Basispunkte. Auch eine Wiederaufnahme des Anleihenkaufprogramms wurde

für möglich gehalten. Zuvor waren die Ökonomen noch mehrheitlich der

Ansicht gewesen, dass es bei der Sitzung im Juli zu keinen Änderungen

kommen würde. Kam es schließlich auch nicht. Erneut verlor, wer

Carneys Worte für bare Münze nahm.

Den Briten blieb eine reflexhafte Zinssenkung erspart, die der

großen Mehrheit der Bevölkerung Nachteile gebracht hätte - etwa in

Form steigender Häuserpreise und Mieten sowie wachsender schwarzer

Löcher in den Pensionskassen. Bis auf Stimmungsindikatoren gibt es

seit dem Tag der Volksabstimmung noch keine Konjunkturdaten, aus

denen man auf den Zustand der Volkswirtschaft schließen könnte. Auf

dieser Grundlage die seit Beginn der Finanzkrise anhaltende

Notstandsgeldpolitik noch weiter zu verschärfen, wäre in hohem Maße

verantwortungslos gewesen.

Die Aussage, dass eine Mehrheit der Mitglieder des Komitees eine

Lockerung im August erwarte, milderte die Irritationen über die

ausgebliebene Lockerung. Nach dem Abtritt seines Schutzpatrons George

Osborne wird der Druck auf Carney zunehmen. Selten gab es so viel

öffentliche Kritik von ehemaligen Geldpolitikern und Volkswirten.

Wäre Kontinuität im derzeitigen Umfeld nicht von größter Bedeutung,

hätte die Ära Carney wohl schon ihr Ende gefunden.

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