Prognose gesenkt |
13.12.2024 13:44:00
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OeNB korrigiert Wachstumsaussichten für 2024 und 2025 nach unten - Höheres Defizit erwartet
Für 2025 sagt die OeNB nun 0,8 Prozent Wachstum voraus, für 2026 dann 1,6 Prozent. Allerdings sind das eher optimistische Annahmen. Die Risiken für das Wachstum seien derzeit "außergewöhnlich groß und mehrheitlich nach unten gerichtet", sagte Gerhard Fenz, Leiter des Referats Konjunktur der OeNB. Das Wachstum von 1,6 Prozent im Jahr 2026 sei "wirklich eine Obergrenze aus heutiger Sicht", insbesondere weil noch kein Konsolidierungspaket der Bundesregierung beinhaltet ist. Und die OeNB geht davon aus, dass ein solches Paket kommen und das Wachstum bremsen wird.
Konsolidierung kostet Wirtschaftswachstum
Bei einer Konsolidierung im Ausmaß von 0,9 Prozent des BIP 2025 und jeweils 0,5 Prozent in den Folgejahren würde das Wirtschaftswachstum um jährlich 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte niedriger ausfallen, rechnete Fenz vor. Der Konsolidierungsbedarf Österreichs, um 2025 das Maastricht-Defizit von 3,0 Prozent einzuhalten, läge laut Birgit Niessner, Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft, sogar bei 1,4 Prozent des BIP.
Sollte der designierte US-Präsident Donald Trump seine angekündigten Zölle verhängen, würde das Österreich kurzfristig 0,1 bis 0,2 Prozent Wachstum kosten - mittelfristig könnte es noch gravierendere Folgen haben, je nach den folgenden politischen Entscheidungen. Kurzfristig wäre der Effekt deshalb überschaubar, weil voraussichtlich im Gegenzug der Dollar aufwerten und Österreichs Exporte im gesamten Dollar-Verrechnungsraum gewinnen würden. Grundsätzlich würden aber alle Länder an Wirtschaftswachstum verlieren, sollte es zu einem "Krieg der Zölle" kommen, so Gouverneur Robert Holzmann.
Rezession 2025 nicht undenkbar
Sollten diese beiden Risken Realität werden, dann wäre die heimische Wirtschaft kommendes Jahr schon wieder in der Nähe einer Rezession, so Fenz. Besser als erwartet würde die Wirtschaft laufen, wenn die Haushalte ihr Geld wieder ausgeben, also die Sparquote sinkt. Die OeNB nimmt das in ihrer Prognose zwar an, aber "hard facts", dass die Sparneigung bereits zurückgehen würde, liegen derzeit nicht vor, sagte Fenz. Aber sobald es ein glaubwürdiges Konsolidierungspaket der Regierung gibt, das von allen erwartet werde, sollte die Unsicherheit abnehmen und damit die Bereitschaft der Bevölkerung Geld auszugeben wieder steigen, ergänzte Holzmann.
Die Wirtschaftsleistung geht inzwischen neun Quartale in Folge zurück, wobei es diesmal keinen abrupten Einbruch sondern eine schleichende Entwicklung gegeben habe. Daher sei die Rezession nicht besonders tief aber hartnäckig und habe inzwischen weite Bereiche der Wirtschaft erfasst, sagte Fenz. Immerhin gebe es "in diesem trüben Konjunkturbild doch den einen oder anderen Lichtblick", etwa die Pharma- und die Nahrungsmittelindustrie. Aber es sei nicht nur die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre "enttäuschend" gewesen, "auch das Bild für die nahe Zukunft stellt sich nicht sehr rosig dar". Der Großteil der Voraus-Indikatoren signalisiere eine Stagnation oder ein weiteres Schrumpfen der heimischen Wirtschaft.
Österreichs Wirtschaft verliert an Wettbewerbsfähigkeit
Österreichs Wirtschaft habe ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit verloren, stellte Fenz fest. Dazu hätten die Energiekosten und der sehr hohe Anstieg der Lohnstückkosten beigetragen. Waren die Lohnstückkosten 2019 noch um 8 Prozentpunkte höher als im Euroraum, sind es nun rund 21 Prozentpunkte. Auch die Exporte dürften heuer um vier Prozent real schrumpfen, Österreich habe stark Marktanteile verloren. Ohne diese Marktanteilsverluste hätte Österreichs Wirtschaft heuer stagniert oder wäre sogar leicht gewachsen. Problem für die heimische Wirtschaft ist auch die "Konsumzurückhaltung" der Haushalte, die sich auch in einer hohen Sparquote zeigt.
Sollte die Inflation wie erwartet zurückgehen, dann wäre es "logisch", dass auch die Zinsen der EZB 2025 weiter sinken. Auf Details ließ sich der Gouverneur auch auf Nachfragen nicht ein. Wie EZB-Chefin Christine Lagarde sieht er einen künftigen neutralen Zinssatz zwischen 1,75 und 2,5 Prozent.
EU-Defizitverfahren hätte Vor- und Nachteile für Österreich
Die Eröffnung eines EU-Defizitverfahrens gegen Österreich, das aufgrund der prognostiziert hohen Staatsverschuldung droht, könnte Österreich auch Vorteile bringen. Die nötigen Einsparungen würden verringert, allerdings könnte es auch einen Reputationsverlust bedeuten. In den Koalitionsverhandlungen von ÖVP, SPÖ und NEOS sind diese ein zentrales Thema. Was ist ein solches Defizitverfahren, was würde es für Österreich bedeuten und welche Alternativen gibt es? Ein Überblick.
Die EU-Regeln für Finanzpolitik sind im Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) festgelegt. Er wurde 1997 geschlossen, heuer reformiert und soll solide öffentliche Finanzen garantieren. Laut den Maastricht-Kriterien dürfen Mitgliedsstaaten nicht über einem Budgetdefizit von 3,0 Prozent bzw. einer Staatsschuldenquote von über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Jüngste Daten zeigen Österreich jeweils deutlich darüber. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erwartet 2024 eine Neuverschuldung von 3,7 Prozent, für 2025 rechnet sie mit 4,1 Prozent. Die Schuldenquote lag zuletzt bei rund 80 Prozent.
Neue Regeln lassen Staaten länger Zeit
Der SWP setzt sich aus einem sogenannten präventiven und einem korrektiven Arm zusammen. Der präventive Teil soll insbesondere Etatdisziplin und damit vorsorglich die Vermeidung übermäßiger Defizite gewährleisten. Liegt dennoch ein übermäßiges Defizit in einem Mitgliedstaat vor, setzt der korrektive Arm an. Dieser kann die Muskeln spielen lassen: Bei übermäßiger Verschuldung kann ein Defizitverfahren eingeleitet werden, das exzessive Staatsschulden abbauen soll.
Für dieses Verfahren erstellt die EU-Kommission einen Bericht, in dem sie das übermäßige Defizit feststellt. Dann gibt die Kommission dem betroffenen Land einen Weg vor, wie die Verschuldung abzubauen ist. Mit dem erneuerten SWP haben die Staaten nun länger Zeit, um Schulden und Defizit zu senken, nämlich maximal sieben statt bisher vier Jahre. Außerdem werden bestimmte Budgetposten herausgerechnet, etwa die Verteidigungsausgaben vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges. Werden die Anforderungen nicht erfüllt, können Sanktionen verhängt werden.
Finale Budgetzahlen stehen noch aus
EU-Kommission und Österreichs Koalitionsverhandler wollen die aktualisierten EU-Zahlen abwarten, die in den nächsten Tagen übermittelt werden. Bis Ende des Jahres hat Österreich aufgrund der im September stattgefundenen Nationalratswahl Zeit bekommen, einen Budgetplan einzureichen. Die Entscheidung über ein Defizitverfahren gibt es frühestens beim Treffen der Wirtschafts- und Finanzministerinnen und -minister im Jänner.
Bei den Gesprächen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS geht es u.a. darum, ob ein solches Verfahren nicht auch Vorteile hätte. Andreas Schieder, EU-Parlamentarier der SPÖ, hatte zuletzt für diesen Weg plädiert. "Es wäre gescheit, das Verfahren zur Anwendung zu bringen, weil es wesentliche Erleichterungen im Konsolidierungsprozess mit sich bringen würde", sagte er zur "Presse". Laut Schieder würde sich "der Konsolidierungsbedarf damit massiv verringern". Die Rede ist von mindestens 15 Milliarden Euro Einsparungsbedarf. Ohne ein Defizitverfahren würde die Summe wohl 20 Mrd. übersteigen.
ÖVP und NEOS wohl dagegen
Die Regierungsverhandler müssten sich dann auf strengere Maßnahmen einigen. Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller betonte am Freitag im "Kurier" den geringeren Konsolidierungsbedarf bei einem Defizitverfahren: "Das ist insbesondere für das kommende Jahr relevant." Andererseits könne dieser Weg einen Reputationsverlust für Österreich bedeuten. Es gebe also Vor- und Nachteile bei beiden Optionen.
ÖVP und NEOS sind tendenziell gegen die Einleitung des EU-Defizitverfahrens. Knackpunkt für eine Koalition ist wohl eine Einigung in dieser Frage. Auch die Höhe der Einsparungen muss festgelegt werden. Finanzminister Gunter Mayr hatte kürzlich betont, Österreich werde alles daransetzen, ein Defizitverfahren zu vermeiden. Allerdings bleibe es den "Regierungsverhandlern vorbehalten, die Maßnahmen dann auch zu fixieren".
(APA)
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