18.05.2015 22:33:00

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Misshandlung von Flüchtlingen Staatsdiener unter Verdacht HUBERTUS GÄRTNER

Bielefeld (ots) - Viele Parteipolitiker, aber auch Bundespräsident Joachim Gauck haben in zahlreichen Reden immer wieder eine offene Gesellschaft angemahnt und für eine stärker ausgeprägte "Willkommenskultur" in Deutschland geworben. "Das wäre mal was, wenn die, die in unserem Land wirklich Schutz suchen, mit Freude und offenem Herzen empfangen werden", sagte Gauck vor nicht langer Zeit in einer Rede an Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Der Wunsch des Staatsoberhaupts trifft aber leider nicht bei allen Staatsdienern auf offene Ohren. Ausgerechnet ein Beamter der Bundespolizei steht jetzt im Verdacht, in Hannover Flüchtlinge massiv misshandelt zu haben. Womöglich wurde sein Verhalten von Kollegen gedeckt. Diese Vorwürfe gilt es mit aller Entschlossenheit aufzuklären. Der Fall erinnert an Enthüllungen im Herbst vergangenen Jahres, als Misshandlungen von Flüchtlingen durch Wachleute in Wohnheimen in Burbach und Essen publik wurden und den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) in die Bredouille brachten. Damals kreiste die Debatte vor allem darum, dass die Standards in den Flüchtlingsheimen zu niedrig und Teile des privaten Sicherheitsgewerbes nicht ausreichend zuverlässig seien. Immerhin hat die Staatsanwaltschaft in Siegen ihre Ermittlungen in diesem Komplex nun auf rund 50 Personen ausgeweitet. Das ist ein Indiz dafür, dass bei der Behandlung von Flüchtlingen vieles im Argen liegt. Übrigens auch die Aufklärung. So hat diese Zeitung mehrfach über einen Fall aus dem Jahr 2011 berichtet, in dem ein junger Flüchtling durch die Bonner Bundespolizei zu Unrecht abgeschoben wurde. Laut richterlichem Beschluss besaß der Mann ein Bleiberecht, was der Bundespolizei auch mitgeteilt worden war. Das Recht und die Willkommenskultur wurden auch in diesem Fall mit Füßen getreten. Zur Rechenschaft gezogen wurde bis heute niemand . Das ist traurig, aber wahr.

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