08.03.2016 12:33:45
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Commerzbank: EZB sollte zu angemessenen Zinsen zurückkehren
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Kritik deutscher Ökonomen an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat in den vergangenen Wochen stetig zugenommen. Sie sehen kommen, dass der EZB-Rat den Zins für Bankeinlagen noch stärker in den negativen Bereich senken wird - zum Schaden vor allem deutscher Institute. Nun fordert der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, die EZB auf, konkrete Pläne für einen Ausstieg aus ihrer ultralockeren Politik zu entwerfen.
Krämers Kritik an der EZB-Nullzinspolitik könnte man so abkürzen: Sie hilft nicht nur nicht bei der Rückkehr zu mehr Wachstum und Inflation, sie verhindert diese Rückkehr sogar - indem sie langfristig schlechtere Rahmenbedingungen erzeugt und den Unternehmern das Grundvertrauen in das Funktionieren der Wirtschaft nimmt.
Die EZB hat ihren Hauptrefinanzierungssatz auf 0,05 Prozent gesenkt und den Satz für Bankeinlagen auf minus 0,30 Prozent. Zudem kauft sie monatlich öffentliche Anleihen für 60 Milliarden Euro und versorgt Banken mit Liquidität nach Wunsch, und zwar gegen qualitativ deutlich geringerwertige Sicherheiten als früher.
Die von EZB-Präsident Mario Draghi und der Mehrheit des EZB-Rats vorgebrachten Argumente für diese Politik fasst Krämer so zusammen: Banken, vor allem im Süden der Währungsunion, leiden unter faulen Krediten und geben den häufig hoch verschuldeten Unternehmen und Privatleuten keine neuen Kredite mehr. Die EZB hofft, dass Banken und ihre Kunden ihre Bilanzen mit der Zeit in Ordnung bringen, sich der Knoten löst und die niedrigen Zinsen die Konjunktur anspringen lassen.
Sollte diese Medizin wirken, so merkt man davon bisher nur wenig. Die Wirtschaft des Euroraums wächst mit Quartalsraten von 0,3 Prozent, gestützt vom gefallenen Ölpreis. Der hält allerdings zugleich die Inflation sehr niedrig, weshalb das Inflationsziel der EZB von mittelfristig knapp 2 Prozent immer weiter aus dem Blick gerät.
Volkswirte erwarten einhellig, dass die EZB deshalb an diesem Donnerstag ihren Einlagenzins weiter senken und ihr Ankaufprogramm aufstocken wird. Das gilt auch für die Commerzbank. Doch deren Chefvolkswirt findet, dass der Schaden dieser Politik schwerer wiegt als ihr eher unsicherer Nutzen und fordert eine geldpolitische Umkehr.
"Die Nebenwirkungen der lockeren Geldpolitik - sinkendes Produktivitätswachstum, Blasen am Häusermarkt, Reformstau, Interventionsspirale und so weiter - verschlechtern die Rahmenbedingungen für die Unternehmen so sehr, dass sie sich im Euroraum schon heute beim Investieren zurückhalten. Die Geldpolitik wirkt nicht, wenn sie langfristig die Unternehmen schwächt", argumentiert er.
Daher seine Forderung: "Die EZB sollte nicht nur sich selbst, den Finanzministern und -märkten Glauben schenken, sondern mit der Wirtschaft reden. Dann könnte sie erkennen, dass sie den Krisenmodus beenden und ein Signal des Aufbruchs senden sollte - mit einem konkreten Plan, wie sie schrittweise zu angemessenen Zinsen zurückkehren will."
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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