30.12.2020 14:00:41

Rehn: EZB hat Euro-Stärke unter genauer Beobachtung

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Aufwertung des Euro unter genauer Beobachtung und steht auch nach dem umfassenden Maßnahmenpaket Mitte Dezember bereit, ihre Geldpolitik weiter zu lockern, sollte das nötig werden. Das machte EZB-Ratsmitglied Olli Rehn im Interview mit der Börsen-Zeitung deutlich. Zugleich äußerte Rehn aber die Hoffnung, dass sich die Euro-Wirtschaft im Laufe des nächsten Jahres erholt und zu einem Aufschwung ansetzt. Dafür schaffe die EZB die Voraussetzungen, indem sie noch für lange Zeit günstige Finanzierungsbedingungen sicherstelle.

"Der Wechselkurs beeinflusst den Wachstums- und Inflationsausblick und ist damit ein wichtiger Parameter beim Erreichen des Inflationsziels", sagte Rehn: "Wir beobachten die Wechselkursentwicklung sehr genau und wir werden das auch in der Zukunft tun." Die EZB habe zwar kein Wechselkursziel und die jüngste Euro-Stärke zum Dollar gehe wesentlich auf Faktoren auf Seiten des Dollar zurück. "Das heißt aber nicht, dass die Aufwertung nicht von Bedeutung ist", so Rehn.

In dem Zusammenhang untermauerte Rehn auch noch einmal die Handlungsbereitschaft des EZB-Rats und schließt dabei auch explizit weitere Zinssenkungen ein. "Wir sind, falls nötig, bereit, all unsere Instrumente zu nutzen und anzupassen - und das gilt auch für die Leitzinsen. Daran sollte es keinen Zweifel geben", sagte er. "Wir müssen alles Nötige tun, um die günstigen Finanzierungsbedingungen zu erhalten - für die Privathaushalte, für die Unternehmen, aber auch für die Staaten."

Damit schaffe die EZB die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Erholung. "Die Wirtschaft wird 2021 zunehmend auf die Beine kommen und 2022 weiter Boden gutmachen", sagte Rehn: "Die Erholung ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben."

Das Ziel günstiger Finanzierungsbedingungen bestimmt nach Aussage des Finnen auch den weiteren Umgang mit dem Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP, das der EZB-Rat Mitte Dezember um 500 Milliarden auf 1,85 Billionen Euro aufgestockt hat. "Wenn es gelingt, diese vorteilhaften Finanzkonditionen zu erhalten, ohne das PEPP-Volumen ganz auszuschöpfen, muss es auch nicht ausgereizt werden. Die 500 Milliarden Euro sind insofern aktuell eine Art Obergrenze", sagte Rehn.

Zugleich habe die EZB aber ganz klar kommuniziert, dass das Volumen auch noch einmal aufgestockt werden könnte. Das könnte nötig werden, wenn die Pandemie länger als erwartet anhalten und weiteren Abwärtsdruck auf die Inflation ausüben sollte. Das sei nicht das wahrscheinlichste Szenario, so Rehn, aber die EZB müsse auch mögliche ungünstigere Szenarien ganz genau im Auge behalten.

In dem Interview plädiert Rehn dafür, zu schauen, wie die EZB klimabezogene Themen in ihre Strategie und damit möglicherweise auch in die Umsetzung der Refinanzierungsgeschäfte und der Anleihekaufprogramme einbeziehen könne. "Solange grüne Ziele nicht unser Preisstabilitätsmandat gefährden, sollten wir unseren Teil der Aufgabe erfüllen", so Rehn.

Zugleich schränkte er aber ein: "Wir wollen auch keine Marktstörungen verursachen oder grüne Blasen schaffen - so wenig wie Blasen jeglicher anderen Couleur." Fest überzeugt ist Rehn davon, dass ein digitaler Euro kommt: "Ich halte es für wahrscheinlich, dass wir in den nächsten fünf oder zehn Jahren einen digitalen Euro haben werden."

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/sha

(END) Dow Jones Newswires

December 30, 2020 08:01 ET (13:01 GMT)

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