08.10.2020 14:32:42
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EZB-Rat befasste sich ausführlich mit Euro-Stärke
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat sich bei seinen Beratungen am 9. und 10. September ausführlich mit den Ursachen und Auswirkungen des gestiegenen Euro-Kurses beschäftigt. Wie aus dem jetzt veröffentlichten Protokoll der Beratungen hervor geht, sahen die Ratsmitglieder die Notwendigkeit, den Euro-Kurs als Risikofaktor im Hinblick auf die Inflationsaussichten zu erwähnen. Zudem wiesen sie darauf hin, dass die Risiken für Wachstum und Inflation trotz der leicht angehobenen Prognosen des EZB-Stabs ungewöhnlich hoch seien, weshalb der Rat Handlungsbereitschaft signalisieren müsse.
"Es wurde darauf hingewiesen, dass der nominale effektive Wechselkurs des Euro über dem 2018 verzeichneten Niveau liege, dass aber weniger die Höhe des Wechselkurses als vielmehr das Tempo seiner Aufwertung zum Problem werden könnte", heißt es in dem Dokument. Gegenwärtig sei die weitere Entwicklung nicht klar, sie könne in beide Richtungen gehen.
EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte zu Beginn der Sitzung darauf hingewiesen, dass die Positionen an den Terminmärkten auf einen anhaltenden Aufwertungsdruck für den Euro hindeuteten. Sie führte zwei Ursachen für den starken Euro auf: "Der erste und bedeutendste war die deutliche Verbesserung der weltweiten Risikoneigung, das heißt die Umkehr von Mittelflüssen in den sicheren Hafen des US-Dollar." Die entschlossenen Maßnahmen der EU-Regierungen hätten zur Verringerung der Risikoaversion sicherlich beigetragen.
Ein zweiter Treiber habe wahrscheinlich mit der in den USA und in Europa umgesetzten Geldpolitik zu tun, die sich aus dem größeren "konventionellen Spielraum" in den USA vor Beginn der Pandemie ergeben habe.
Der Rat verabschiedete schließlich die seither regelmäßig verwendete Formulierung, dass er "im aktuellen Umfeld erhöhter Unsicherheit die hereinkommenden Informationen, darunter die Entwicklung des Wechselkurses und seine Implikationen für den mittelfristigen Inflationsausblick, genau prüfen" werde.
Aus dem Protokoll geht hervor, dass Chefvolkswirt Philip Lane in seiner Einschätzung davon sprach, dass es für die EZB in der aktuellen Situation keine Selbstzufriedenheit (complacency) geben dürfe. Deshalb müsse die Bereitschaft betont werden, alle verfügbaren Instrumente falls erforderlich anzupassen und einzusetzen.
Manche Beobachter hatten nach Lagardes Pressekonferenz bemängelt, dass sie trotz der deutlichen Euro-Aufwertung keine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht gestellt habe. In den Tagen nach der Ratssitzung hatten dies dann einige EZB-Offizielle nachgeholt.
Der EZB-Rat hatte im September seine Geldpolitik wie weithin erwartet unverändert gelassen. Zugleich hatte der volkswirtschaftliche Stab der Zentralbank seine Wachstums- und Inflationsprognosen leicht angehoben. EZB-Präsidentin Christine Lagarde wies darauf hin, dass sich die Deflationsrisiken gegenüber den Juni-Projektionen verringert hätten.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/smh
(END) Dow Jones Newswires
October 08, 2020 08:32 ET (12:32 GMT)
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