Berater des bei der EZB angesiedelten Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) haben dem "Spiegel"-Bericht nach vorgeschlagen, die hohen Investitionen europäischer Banken in die jeweiligen nationalen Staatsanleihen als Klumpenrisiko zu behandeln. Laut dem EZB-Sprecher war es nicht Draghis alleinige Entscheidung, die Studie mit diesen Vorschlägen vor Veröffentlichung noch einmal überarbeiten zu lassen. Der gesamte Vorstand des ESRB habe im September beschlossen, die Analyse an die Forscher zurückzugeben. Draghi ist als EZB-Chef mit einem Sitz im ESRB-Rat vertreten.
Da Staatsanleihen bislang als risikolose Anlage bilanziert werden dürfen, müssen Banken sie nicht mit teurem Eigenkapital absichern. Dadurch entstehen für die Institute starke Anreize, billiges Zentralbankgeld in höher verzinste Staatstitel anzulegen. Klamme Regierungen können auf diesem Weg leicht Käufer für ihre Schuldtitel finden. Geraten Staaten oder Banken jedoch finanziell ins Schlingern, reißen sie sich durch die hohen Abhängigkeiten gegenseitig in den Abgrund. Vor diesem "Teufelskreis" warnt beispielsweise die Deutsche Bundesbank schon lange.
Mittelfristig müssten solche Risiken ähnlich wie Unternehmenskredite in der Höhe begrenzt oder in den Bankbilanzen mit Kapital unterlegt werden, schlugen nach "Spiegel"-Informationen auch die EZB-Berater in ihrem zurückgewiesenen Bericht vor. Das ist exakt, was führende Bundesbanker fordern. Für viele Top-Entscheider der EZB käme eine Grundsatzdiskussion um das bestehende System der Staatsfinanzierung jedoch zur Unzeit. Denn im kommenden Jahr will die Notenbank die Bankbilanzen einem Stresstest unterziehen. Eine Änderung der Risikogewichtung von Staatsanleihen könnte neue Finanzlöcher aufreißen. Banken aus Spanien beispielsweise haben 299 Milliarden Euro in spanische Staatsanleihen gesteckt./hbr/bgf