12.02.2015 15:20:31

Bundesbank will Staatsanleihen nicht um jeden Preis kaufen

   Von Hans Bentzien

   Die Deutsche Bundesbank möchte die negativen Nebenwirkungen der in einem Monat beginnenden Staatsanleihekäufe möglichst gering halten. Die Käufe sollten nicht zu jedem Preis erfolgen, und beim Ankauf von negativ rentierenden Papieren bestehe noch Klärungsbedarf, sagte der auf deutscher Seite für die operative Abwicklung des QE-Programms zuständige André Bartholomae im Gespräch mit Dow Jones Newswires. Nach seiner Schätzung wird die Bundesbank monatlich Staatsanleihen für "rund 10 Milliarden Euro" kaufen.

   BUNDESBANK WILL NICHT ZU JEDEM PREIS KAUFEN

   "Es sind noch einige Details zu klären, zum Beispiel, was den Ankauf bei negativen Renditen angeht. Käufe nach dem Prinzip 'Koste es was es wolle' können dazu führen, dass wir andere Akteure vom Markt verdrängen", sagte Bartholomae, der den Zentralbereich Märkte der Bundesbank leitet. Er fügte hinzu: "Es muss zudem geklärt werden, ob wir auch kaufen sollen, wenn nur ein Angebot vorliegt oder nur, wenn es mehrere Angebote gibt." Letzten Endes müssten diese Punkte vom EZB-Rat beschlossen werden.

   Der EZB-Rat hat beschlossen, dass die EZB und die Euro-Zentralbanken ab März bis September 2016 monatlich Anleihen für 60 Milliarden Euro kaufen sollen. Darin enthalten ist der bereits laufende Ankauf von Covered Bonds und Kreditverbriefungen (ABS), der zuletzt rund 10 Milliarden Euro ausmachte. Von den verbleibenden rund 50 Milliarden Euro entfallen auf Anleihen europäischer Institutionen und Förderbanken 12 Prozent und 8 Prozent kauft die EZB selbst.

   BUNDESBANK KAUFT ANLEIHEN VON KFW, L-BANK UND NRW-BANK

   Bartholomae rechnet zu den europäischen Institutionen "insbesondere" die Rettungsfonds ESM und EFSF sowie die Europäische Investitionsbank (EIB). "Zu den Agencies in der Abgrenzung der Sicherheitenpolitik des Eurosystems zählen in Deutschland die KfW, die L-Bank und die NRW-Bank", sagte er.

   Das Gros der Käufe wird aber Staatsanleihen betreffen, die die Bundesbank auf eigenes Risiko erwirbt - laut Bartholomae für rund 10 Milliarden Euro. Und da ist sie in einer unkomfortablen Position. Denn bereits jetzt haben deutsche Staatsanleihen mit bis zu fünf Jahren Laufzeit negative Renditen, sie kosten also viel. Je höher die Nachfrage, desto höher der Preis und desto niedriger die Rendite. Besonders betroffen von negativen Renditen sind Papiere mit kurzer Laufzeit.

   BUNDESBANK MACHT DICKE QE-VERLUSTE

   Das bedeutet: Die Bundesbank wird mit diesen Papieren aller Voraussicht nach dicke Verluste machen. Kauft sie beispielsweise fünfjährige Bundesobligationen für 10 Milliarden Euro mit einem Zinskupon von Null, so zahlt sie derzeit 100,26 Prozent. In fünf Jahren erhält die Bundesbank aber nur 100 Prozent zurückgezahlt, so dass sich ein Verlust von 26 Millionen Euro ergibt. Die Rendite ist also negativ.

   Das QE-Programm sieht vor, dass die Bundesbank jeden Monat Anleihen für 10 Milliarden Euro kaufen wird. Zwar sind die Renditen oberhalb von sieben Jahren Restlaufzeit noch nicht negativ, doch liegt die durchschnittliche Restlaufzeit der ausstehenden deutschen Staatspapiere derzeit bei 6,6 Jahren.

   PERIPHERIE-ANLEIHEN WAREN BESSERES GESCHÄFT

   Mit Blick auf die bilanziellen Auswirkungen - Gewinnerzielung ist kein Zentralbankziel - unterscheidet sich das QE-Programm deutlich von dem zwischen 2010 und 2012 laufenden SMP-Programm. Denn bei dem, gegen das Bundesbank-Präsident Axel Weber stimmte, kaufte die EZB ausschließlich Anleihen so genannter Peripherieländer und macht damit noch heute Gewinn. Der Grund: Die Bundesbank kaufte zu krisenbedingt sehr niedrigen Kursen.

   Seither sind die Kurse dieser Anleihen stark gestiegen. 2012 und 2013 beispielsweise kamen so 2,9 beziehungsweise 2,6 Milliarden Euro zusammen, die die Bundesbank zumindest teilweise an das Finanzministerium überwies. Dieses Mal erwirbt sie hingegen nur sehr hoch bewertete deutsche Anleihen, und zwar auf eigenen Wunsch. Dass die Ausfallrisiken dieser Staatsanleihekäufe in nur sehr begrenztem Ausmaß geteilt werden, hat Bundesbank-Präsident Jens Weidmann dem EZB-Präsidenten Mario Draghi abgetrotzt.

   ZUNÄCHST KEINE KNAPPHEIT

   Die Bundesbank geht laut Bartholomae nicht davon aus, dass das Ankaufprogramm sofort auf größere Angebotsprobleme stoßen wird. "Knappheit könnte im späteren Verlauf des Programms und bei einigen Laufzeiten ein Thema werden; das hängt aber von vielen Faktoren ab. Je weiter man etwa in den Bereich negativer Renditen zu gehen bereit ist, desto größer könnte das Angebot werden", sagte er. Die Banken hätten ihm in Gesprächen gesagt: "Es wird schwer, den angepeilten Umfang zu erreichen. Es sei denn, man kauft zu 'jedem' Preis."

   Gleichwohl wird die Bundesbank laut Bartholomae nicht versuchen, das QE-Programm zu bremsen. "Wir werden uns nicht obstruktiv verhalten, nur weil wir Staatsanleihekäufe kritisch sehen. Wir setzen das Programm so gut wie möglich um", sagte er.

   Nach seinen Angaben wird die Bundesbank Staatsanleihen über mehrere Plattformen, aber auch im bilateralen Telefonhandel direkt bei Banken kaufen. Dabei strebt der Chef der Marktabteilung einen möglichst deutlichen Abstand zum Primärmarkt an. "Ich halte nichts davon, immer schon wenige Tage nach einer Emission zu kaufen. Diese Käufe ziehen sich noch mindestens bis September 2016 hin, da dürfen wir nicht berechenbar werden", sagte er.

   Die Banken haben aus Sicht der Bundesbank wenige Anreize, Staatsanleihen aus ihrem Eigenbestand zu veräußern. Grund: Die Institute benötigen die Papiere als Sicherheit in Repo-Geschäften und aus regulatorischen Gründen. Um einer Knappheit bei den Repo-Sicherheiten vorzubeugen, will sich die Bundesbank bemühen, ab März eine Leihe anzubieten. Laut Bartholomae soll dabei vermieden werden, "dass die durch den Anleihekauf bereitgestellte Liquidität über die Leihe wieder absorbiert wird". Das heißt: Als Sicherheit müssen die Banken wiederum Wertpapiere andienen.

   BUND-KÄUFE FOLGEN LIQUIDITÄT

   Daneben gab der Chef der Bundesbank-Marktabteilung interessante Einblicke in technische Details der demnächst anlaufenden Staatsanleihekäufe. Prinzipiell werde die Bundesbank "möglichst über die gesamte Laufzeitenkurve und entsprechend der Liquidität in den einzelnen Segmenten kaufen. Dabei werden wir uns mit den anderen Zentralbanken abstimmen, damit es nicht zu größeren Verzerrungen kommt", sagte er.

   Schatzwechsel mit einer Laufzeit von zwei Jahren mag Bartholomae allerdings nicht, denn: "Je weiter man sich in der Laufzeit nach unten bewegt, desto mehr kommt man in die Nähe des Geldmarkts und in den Bereich negativer Renditen."

   EZB KÖNNTE ANKAUF 32-JÄHRIGER PAPIERE ERWÄGEN

   Eine gewisse Flexibilität deutete Bartholomae bei der Frage an, ob die Zentralbanken tatsächlich nur Laufzeiten von maximal 30 Jahren oder nicht vielleicht doch von bis zu 32 Jahren kaufen sollten. An den Anleihemärkten, die eher die Gesamtemissionen ("bucket") im Blick haben, hat die bisherige EZB-Kommunikation bereits zu Preisverzerrungen geführt. Der EZB-Rat habe Laufzeiten von 2 bis 30 Jahren beschlossen, aber der Markt orientiert sich an Buckets. "Die Frage ist, ob man sich nicht der Sichtweise des Marktes anschließt", sagte Bartholomae.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

   (Mitarbeit: Emese Bartha und Thomas Leppert)

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