28.04.2016 17:38:51

ifo-Chef Fuest schlägt Nachranganleihen für Euro-Länder vor

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT/MÜNCHEN (Dow Jones)-- Zur Bewältigung der Schuldenkrise im Euroraum hat der Präsident des Münchener ifo Instituts, Clemens Fuest, eine neue Form von Anleihen vorgeschlagen. "Ab einer Neuverschuldung von 0,5 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung, die im europäischen Fiskalpakt vereinbarte Höchstgrenze, sollten die Staaten nur noch nachrangige Anleihen ausgeben können", sagte Fuest am Donnerstag in München bei der ifo-Jahresversammlung. Eine Umsetzung dieses Vorschlags würde das Volumen der Neuemission von Staatsanleihen im Euroraum dramatisch vermindern.

   Fuests Vorschlag bezieht sich nicht auf die normale Defizitquote, sondern auf die so genannte strukturelle. Dabei wird das laufende Haushaltsdefizit als Prozentsatz jenes (potenziellen) Wachstums gemessen, zu dem eine Volkswirtschaft bei Vollauslastung ihrer Kapazitäten und normaler Inflation fähig wäre.

   Nach Fuests Vorschlag dürften in diesem Jahr neben Deutschland allerdings nur noch zwei Länder normale Staatsanleihen begeben: Estland und Luxemburg. Deutschland und Luxemburg erreichen laut EU-Kommission 2016 strukturelle Haushaltsüberschüsse von 0,6 und 0,9 Prozent, Estland ein Defizit von 0,2 Prozent. Frankreich und Italien, beides große Anleiheemittenten, werden Defizite von 2,6 und 1,4 Prozent prognostiziert.

   Außerdem fordert Fuest, seine neuen "Accountability Bonds" dürften nicht von der Europäischen Zentralbank (EZB) erworben werden und von Banken nur mit ausreichender Eigenkapital-Unterlegung gehalten werden.

   Wenn die Staatsschuldenquote 120 Prozent überschreitet, sollen die Staaten auf diese Nachranganleihen keine Zinsen mehr zahlen dürfen, zudem sollen die Anleihen automatisch verlängert werden, bis diese Schwelle wieder unterschritten wird. "Wenn ein Land ein ESM-Programm beansprucht, fallen die Anleihen ganz aus. Dies führt dazu, dass die Gläubiger stärker haften und nicht die Steuerzahler, auch nicht in anderen Ländern", kalkuliert Fuest.

   Für derzeit hoch verschuldete Staaten wie Portugal und Italien, so sagt er, könnten Übergangsfristen eingeräumt werden.

   Die Logik hinter seinem Vorschlag erklärt der ifo-Chef so: "Die Kosten einer Verschuldung über die vereinbarten Grenzen hinaus werden dem Verursacher angelastet. Es würde dann für die Staaten der Eurozone deutlich schwerer und teuer, Vorgaben zu übertreten oder zu ignorieren. Und eine Destabilisierung des gesamten Marktes für Staatsanleihen tritt nicht ein, wie sie bei der ausdrücklichen Einführung von Gläubigerhaftung für alle Staatsanleihen befürchtet wird."

   Das Konzept entstammt laut Fuest einer noch unveröffentlichten Studie für die Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

   DJG/hab/kla

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   April 28, 2016 11:28 ET (15:28 GMT)

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