01.02.2016 16:18:46

Wirtschaftsinstitute sicher: 2017 ist Schäubles Schwarze Null passe

   Von Christian Grimm

   BERLIN (Dow Jones)-- Wegen des Zustroms an Flüchtlingen sehen die vier großen Wirtschaftsforschungsinstitute die Zeiten der ausgeglichenen Haushalte gezählt. Schon im nächsten Jahr, so sind sich die Haushaltsexperten einig, wird Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) neue Schulden machen müssen.

   Zum Wochenauftakt legte das Kölner Institut der Wirtschaft (IW) eine neue Schätzung zu den Kosten für Aufnahme, Unterbringung und Integration der Flüchtlinge vor. Die Forscher kalkulieren die Belastungen für den Bundeshaushalt in den Jahren 2016 und 2017 mit 50 Milliarden Euro. Schäuble könne in diesem Jahr noch auf eine Rücklage von 12 Milliarden Euro aus dem vergangenen Jahr zurückgreifen, heißt es in der IW-Studie. "Allerdings handelt es sich dabei um einen Einmaleffekt, der im Jahr 2017 nicht mehr zum Tragen kommen wird", schreiben die Ökonomen in ihrer Untersuchung.

   Das Institut für Weltwirtschaft aus Kiel kommt zu demselben Schluss. "Die Schwarze Null ist extrem unwahrscheinlich", sagt Jens Boysen-Hogrefe vom IfW. Zwar werden Konjunktur und Zinstief aus seiner Sicht die Kassen flüssig halten, "aber das langt nicht".

   Die Kieler Volkswirte haben noch im alten Jahr die Kosten der Massenzuwanderung auf ebenfalls 50 Milliarden für dieses und nächstes Jahr beziffert - allerdings nur im günstigsten Fall. Demnach müsste der Zustrom spätestens 2018 auf ein Drittel der heutigen Zahlen zurückgehen. "Kämen bis 2020 weiterhin 1 Million Flüchtlinge jährlich nach Deutschland, würden die Kosten bis 2022 auf 55 Milliarden Euro jährlich steigen", warnte das IfW. Selbst die wohlhabende Bundesrepublik wäre damit massiv überfordert.

   Der Konjunkturchef des ifo-Instituts glaubt auch nicht an ein Haushaltswunder für den CDU-Finanzminister. "Viele Kosten aus der Zuwanderung schlagen sich erst dieses Jahr nieder, kommen aber mit Sicherheit 2017 zum Tragen", erklärt Timo Wollmershäuser. Darunter fallen beispielsweise die Bezahlung von mehr Polizisten und Mitarbeitern der Migrationsbehörde BAMF.

   Hinzugerechnet werden müssen außerdem die Ausgaben für die Grundsicherung. Anerkannte Asylbewerber haben nach 15 Monaten Anspruch auf Leistungen in der Höhe wie die Bezieher von Hartz IV. Auch bessere Deutschkurse sind nicht zum Nulltarif zu haben. "Ein ausgeglichenes Budget dürfte da nicht zu halten sein", ist Wollmershäuser sicher.

   Die Haushaltsexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Kristina van Deuverden, sieht noch eine kleine Chance für den obersten Kassenwart, im Budget für 2017 noch einmal ohne neue Kredite auszukommen. "Eine Schwarze Null im Jahr 2017 wird eine wackelige Angelegenheit", meinte van Deuverden im Dezember im Winterausblick des DIW. "Spätestens 2018 ist es dann aber so weit. Da wird dann kein Plus mehr stehen", sagt sie heute.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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