05.06.2014 15:21:00

Wifo-Scheiblecker: EZB-Zinssenkung bedeutet gar nichts für Konjunktur

Die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) bedeutet nach Einschätzung des Wifo-Experten Marcus Scheiblecker "gar nichts" für die Konjunktur. Die EZB tue was sie könne, aber nun sei die Fiskalpolitik gefordert. Nur gesamteuropäische Initiativen könnten die Nachfrage ankurbeln und die Wirtschaft in Schwung bringen. Das sei aber eine Entscheidung der Politik, so der Wirtschaftsforscher.

Die Kredite würden nun durch die Zinssenkung noch ein bisschen billiger, doch die Kreditnachfrage in Österreich sei ohnehin so gering, "da kanns noch so billig sein". Auch die Sparer würden nicht weniger sparen und mehr konsumieren, weil sie jetzt um 0,1 Prozent weniger Zinsen bekommen, erwartet er. Entscheidend sei, dass in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation die Angst vor der Arbeitslosigkeit so groß sei, dass auch rekordtiefe Zinsen niemanden dazu brächten, deswegen einen Kredit aufzunehmen. Die Banken wiederum, die ab nun für bei der EZB geparkte Gelder eine Strafgebühr zahlen müssen, würden sich eine Alternative suchen.

Die heutige EZB-Entscheidung werde sich überhaupt nicht auf die Konjunktur auswirken, meint der Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Der Grund für das Handeln der EZB sieht er in der Rechtfertigung der europäischen Zentralbanker, die sich nicht vorwerfen lassen wollten, sie hätten nicht alles in ihrer Macht Stehende gegen eine Deflation getan.

"Die EZB tut, was sie kann", konstatierte Scheiblecker im Gespräch mit der APA. Die Fiskalpolitik wäre viel wirksamer als die Geldpolitik, um die Wirtschaft in Europa anzukurbeln. Ein gemeinsames europäisches Handeln wäre wichtig: Gesamteuropäische Nachfrage-Initiativen wären wesentlich wirkungsvoller als nationale Initiativen. Ein einzelnes Land wie etwa Österreich könne da wenig ausrichten: Wenn in Österreich die Nachfrage erhöht werde, würde wegen der hohen Importe vieles versickern. "Jetzt muss die Politik entscheiden, ob sie sich mit der Lage abfindet, oder ob sie etwas tut und mit höheren Defiziten leben kann", meint Scheiblecker. Wenn man mehr Geld mit sinnvoller Zweckbindung ausgebe, etwa in Österreich um den Wohnbaubedarf zu decken, könnte die Wirtschaft wieder anspringen.

Die Fiskalpolitik ist ein wirtschaftspolitisches Instrument des Staates. Über Steuern und Staatsausgaben wird versucht die konjunkturellen Schwankungen auszugleichen und damit ein stabiles wirtschaftliches Wachstum zu erhalten.

(Schluss) gru/cri

WEB http://www.ecb.int

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