10.11.2016 19:40:50
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Weidmann rät zu gelassenem Umgang mit neuem US-Präsidenten Trump
Von Hans Bentzien
FRANKFURT/BERLIN (Dow Jones)--Der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat zu einem gelassenen Umgang mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump geraten. Bei einer Rede in Berlin sagt er laut vorab verbreitetem Redetext: "Hier würde ich zunächst zu etwas Besonnenheit und Gelassenheit raten. Nehmen wir doch einfach den neugewählten Präsidenten beim Wort - und damit meine ich die Worte, die er nach seinem Wahlsieg gesprochen hat."
Weidmann verwies auf Trumps Aussage nach der Wahl, dass er fair mit allen Menschen und Nationen umgehen wolle und Partnerschaft und Gastfreundschaft anstatt Feindschaft anstrebe. "Faire Partnerschaft ist von jeher Grundlage der internationalen Beziehungen und im Besonderen Grundlage des transatlantischen Verhältnisses. Und so sollte es bleiben", sagte Weidmann.
Der Bundesbank-Präsident machte darauf aufmerksam, dass eine der Ursache des sehr niedrigen Zinsniveaus im Euroraum auch ein Ausdruck gesunkener Wachstumserwartungen sei, nachhaltig höhere Zinsen also eine wachstumsfreundlichere Politik voraussetzten.
"Wachstumsperspektiven werden von politischer Unsicherheit belastet"
"Die Wachstumsperspektiven werden derzeit aber auch durch eine ausgeprägte politische Unsicherheit belastet. Nicht nur die hinter dem Brexit-Votum stehenden Stimmungen und Strömungen, sondern zuletzt auch das Ergebnis der amerikanischen Präsidentschaftswahl werfen die Frage auf, inwieweit Protektionismus und Abschottung die politische Agenda der Zukunft bestimmen werden", sagte Weidmann.
Ein nicht geringer Teil des Wohlstands basiere auf offenen Märkten und funktionierenden Institutionen. "Die Menschen von den Vorzügen einer offenen Marktwirtschaft zu überzeugen, ihre Zukunftsängste ernst zu nehmen und die Verteilungswirkungen von Globalisierung und technischem Fortschritt nicht aus dem Auge zu verlieren, ist daher eine Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen."
Weidmann sagte, gegenwärtig müsse die Geldpolitik wegen der zu niedrigen Inflation expansiv sein. Er warnte aber davor, die expansive Geldpolitik zur Dauertherapie zu machen. "Sie ist zu beenden, wenn eine nachhaltige Annäherung der Inflation an ein Niveau von unter, aber nahe 2 Prozent auf mittlere Sicht erkennbar ist. Ich sehe übrigens auch keine Rechtfertigung für ein gezieltes Überschießen der Inflationsrate als Ausgleich für die niedrige Inflation der vergangenen Jahre", sagte er.
An Risikogewichtung bei Eigenkapitalbemessung festhalten
Der Bundesbank-Präsident warnte erneut davor, bei der Bemessung von Eigenkapitalanforderungen an Banken völlig auf Risikogewichtung und interne Modelle zu verzichten. Zwar habe sich gezeigt, dass Banken ähnliche Risiken teilweise sehr unterschiedlich bewerteten und oft mit deutlich weniger Eigenkapital unterlegten als im Kreditrisiko-Standardansatz, doch wäre eine faktische Abschaffung der modellgestützten Verfahren durch zu hohe Parameteruntergrenzen der falsche Weg.
Weidmann bezog sich dabei auf Vorschläge des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zur Vollendung der Eigenkapitalrichtlinie Basel 3, die bei den deutschen Banken auf großen Widerstand stoßen. Diese sehen sich gegenüber US-Banken im Nachteil und fürchten Wettbewerbsverzerrungen. Auch die deutsche Bankenaufsicht Bafin hat vor den Plänen des Ausschusses gewarnt.
"Auch Regulierungsansätze sollten einem gesamtwirtschaftlichen Optimierungskalkül unterliegen. Und deshalb muss der Stabilitätsgewinn von zusätzlicher Regulierung nicht nur positiv sein, sondern auch größer als die damit verursachten Kosten, etwa in Folge einer rückläufigen Kreditvergabe", forderte der Bundesbank-Präsident.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/bam
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November 10, 2016 13:10 ET (18:10 GMT)
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