18.12.2014 16:45:31
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Was Anfang 2015 bei der EZB ansteht
Von Hans Bentzien
Die Europäische Zentralbank (EZB) steht vor einem spannenden Jahr ihrer noch jungen Geschichte. 2015 wird das Jahr, in dem sie aller Voraussicht nach ein Konzept der quantitativen Lockerung (QE - Quantitative Easing) nach angelsächsischem Vorbild umsetzen wird. Sie wird sich damit auf geldpolitischen Gegenkurs zur Federal Reserve begeben, die ihre Politik straffen dürfte.
Die EZB wird zudem ihrer Doppelrolle als Wächterin über Preis- und Finanzstabilität Tribut zollen müssen und nur noch alle sechs Wochen eine geldpolitische Ratssitzung abhalten. In diesem Rat werden künftig nicht mehr alle Gouverneure der Eurozone-Zentralbanken zugleich stimmberechtigt sein, sondern nur noch abwechselnd. Dafür werden aber, beginnend mit der Januar-Sitzung, die Sitzungsprotokolle veröffentlicht.
Das Zentralbank-Jahr 2015 geht gleich damit los, dass etwas ausfällt: Am 8. Januar findet keine EZB-Ratssitzung statt - jedenfalls keine mit geldpolitischem Inhalt. Die EZB hat beschlossen, künftig nur noch alle sechs Wochen über die Geldpolitik zu beschließen. 2015 ist das zum ersten Mal am 22. Januar der Fall, das nächste Mal dann erst am 9. März.
Und es wird von Anfang an spannend. Beobachter erwarten, dass der EZB-Rat entweder im Januar oder im März ein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen in Gang setzen wird. Nicht dass die EZB noch nie Staatsanleihen gekauft hätte - das hat sie durchaus: Im Rahmen des sogenannten Securities Markets Programme (SMP) von 2010 bis 2012 brachte sie unter anderem große Mengen italienische, spanische und griechische Staatsanleihen in ihren Besitz.
Als das nicht ausreichte, um den Anstieg der Renditen von Peripherieanleihen zu stoppen, sagte sie sogar den notfalls unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen von Ländern zu, deren Renditen sie für überhöht hält. Ob sie das auch darf, dazu wird der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Cruz Villalon, am 14. Januar in seinem Abschlussplädoyer ein entscheidendes Wort sprechen.
Was sich die EZB aber nun zu tun anschickt, ist noch einmal etwas anderes: Nicht die Staatsanleiherenditen einzelner Länder sollen gesenkt, keine geldpolitischen Transmissionskanäle frei geschaufelt werden. Es geht schlicht darum, das Finanzystem des Euroraums mit so viel Liquidität vollzupumpen, dass die Banken aus den vermeintlich sicheren Staatsanleihen herausgedrängt werden und stattdessen lieber andere Investments tätigen, die eine gewisse Restrendite versprechen.
Vielleicht werden sie ja doch Kredite an Unternehmen vergeben? Oder Aktien und Unternehmensanleihen kaufen und so die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen verbessern? Vielleicht steigen angesichts einer so deutlichen Vermehrung der Geldbasis - all diese Käufe geschehen mit frisch emittiertem Geld - ja doch die Inflationserwartungen und damit auch die erwarteten Realzinsen, was einen Anreiz für kurzfristige Investitionen bietet? Man weiß es nicht.
Sicher ist, dass der EZB-Rat am 4. Dezember zum letzten Mal in seiner vollen Besetzung abgestimmt hat. Am 22. Januar werden Luis María Linde (Spanien), Ardo Hansson (Estland), Patrick Honohan (Irland) und Yannis Stournaras (Griechenland) zwar teilnehmen und diskutieren können, aber nicht abstimmen. Im Mai erwischt es zum ersten Mal Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Erstmals dabei ist am 22. Januar Litauens Zentralbank-Gouverneur Vitas Vasiliauskas.
Wie sich die Inflation im Dezember weiterentwickelt hat - vielleicht ist sie schon negativ? - wird die EZB kurz vor ihrer Januar-Sitzung noch erfahren. Daten zur Geldmengenentwicklung kommen sogar noch am 30. Dezember 2014.
Protokolle der geldpolitischen Beratungen wird die EZB erstmals im Februar veröffentlichen - vier Wochen nach der Ratssitzung von 22. Januar. Allzu viel Transparenz sollte man sich davon nicht erhoffen. Die EZB wird lediglich die wichtigsten Argumentationslinien - in diesem Falle voraussichtlich pro und kontra Staatsanleihekäufe - wiedergeben. Das Abstimmungsverhalten der einzelnen Ratsmitglieder wird in diesen Dokumenten ebenso wenig zu finden sein wie das Anzahl der Ja- und Nein-Stimmen.
Der weitere Gang der Geldpolitik ist natürlich schwer absehbar. So viel ist sicher ist: Am 19. März, 16. Juni, 24. September und 11. Dezember begibt die EZB weitere zielgerichtete Refinanzierungsgeschäfte mit zweijähriger Laufzeit. Banken werden sich an diesen Tendern nur noch in dem Maße beteiligen können, wie sie zuvor neue Kredite an Unternehmen vergeben haben.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com
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December 18, 2014 10:15 ET (15:15 GMT)
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