08.06.2015 05:49:40

Griechenland setzt Börsen weiter unter Stress

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Zitterpartie über eine Pleite Griechenlands und einen Austritt des Landes aus der Eurozone dürfte den Anlegern auch in der neuen Woche an den Nerven zehren. "Die Woche sollte vorrangig weiter unter den Einflüssen und Geschehnissen rund um die Schuldenkrise in Griechenland stehen", erwartet Händler Andreas Lipkow von Kliegel & Hafner. Der Einfluss anderer Themen verblasse dahinter, "zumal das Sommerloch naht". Im Kampf gegen die Zahlungsunfähigkeit hat sich Athen inzwischen eine kurze Atempause verschafft. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) sollen die im Juni fälligen Kreditraten gebündelt zum Monatsende von Athen überwiesen werden. Dann werden also insgesamt 1,6 Milliarden Euro fällig.

Wie sich die Tendenz am deutschen Aktienmarkt in den kommenden Tagen entwickeln werde, sei kaum vorhersehbar, wenn man an den Mix aus Griechenland-Sorgen, US-Konjunkturdaten, Zins-Diskussionen und überhitzten Aktienmärkten denke, sagt Daniel Saurenz von Feingold Research. Deutliche Ausschläge erwartet der Marktexperte auch am Anleihemarkt, etwa beim Bund-Future, sowie beim Euro. "Solange die Ausschläge gepaart mit Angst erfolgen, wird die DAX-Ampel nicht auf Grün springen", sagt er. Sollte zudem die Marke von aktuell 11 200 Punkten im Leitindex nachhaltig kippen, sei dann sogar ein Absturz deutlich unter 11 000 Punkte möglich.

Solange Griechenland und die geldgebenden Euroländer weiter verhandelten, schöpfen die Finanzmärkte immer mal wieder Hoffnung auf eine Einigung. Der Tenor unter Börsianern lautet allerdings, dass sich die ökonomischen Positionen beider Seiten kaum miteinander vereinen ließen und daher ein "Grexit" trotz aller Bemühungen weiterhin denkbar sei. Ein trotziges "dann verlasst doch die Eurozone" von Seiten der Euro-Staatschefs wäre allerdings laut der HSH Nordbank "äußerst leichtfertig". Zugleich seien aber Bedingungen für weitere Hilfen zwingend notwendig, schreiben sie und setzen auf eine erfolgreiche Fortsetzung des Verhandlungsmarathons.

Die wenigen Konjunkturdaten der neuen Woche sollten aber trotz der Griechenland-Krise nicht außer acht gelassen werden: Harte Fakten werden vor allem mit den Daten zur Industrieproduktion für den Monat April in die Märkte kommen. Deutschland macht am Montag den Auftakt, gefolgt von Frankreich und Italien am Mittwoch und den Daten der gesamten Eurozone am Freitag. Die Experten der Postbank rechnen für Deutschland nach der schwachen Entwicklung der Vormonate nun mit einer Gegenbewegung. Ähnlich sollte ihres Erachtens auch die Entwicklung in der Eurozone verlaufen sein. "Besonders kräftig ist die Stimmungsverbesserung zuletzt in den südlichen Mitgliedsstaaten ausgefallen, sodass es von dieser Seite durchaus auch zu einer positiven Überraschung kommen könnte", ergänzen sie.

In den USA dürften am Donnerstag die Einzelhandelsumsätze im Mai den Aktienmärkten Impulse liefern. Sie "erwiesen sich im bisherigen Jahresverlauf als extrem schwankungsanfällig", schreiben die Postbank-Experten. Zwar sei bislang noch nichts von Nachholeffekten nach dem schwachen Winter zu spüren, doch "vor dem Hintergrund eines weiterhin robusten Arbeitsmarktes" sollte sich das nun ändern. Sie rechnen daher für die gesamten Umsätze als auch die ohne Autos mit Zuwachsraten von jeweils 0,5 Prozent.

Bei den Unternehmensnachrichten wird der am Sonntag angkündikgte Wechsel an der Spitze der Deutsche Bank im Fokus stehen. Eine mögliche neue Strategie unter dem künftigen Vorstandsvorsitzenden John Cryan könnte der Aktie Auftrieb geben. Zuletzt hatten milliardenschwere Rechtsstreitigkeiten und eine maue Aktienkursentwicklung das Bild von Deutschlands größter Bank getrübt.

Am Dienstag geht es weiter im Strafprozess gegen Deutsche-Bank-Manager im Fall Kirch. Noch-Co-Chef Jürgen Fitschen hatte im Mai die Anklage gegen ihn zurückgewiesen und auch die übrigen angeklagten früheren Manager des größten deutschen Geldhauses wehrten sich gegen den Vorwurf der Falschaussage. Nur Fitschens Vorgänger Rolf Breuer machte bislang keine Aussage. Nun müssen die Angeklagten am 9. Juni weitere Fragen des Gerichts beantworten.

Am Mittwoch dann könnte es spannend werden auf dem Kapitalmarkttag von HeidelbergCement. Der Baustoffe-Konzern hatte bei der Präsentation seiner Quartalsbilanz angekündigt, dass am 10. Juni die neuen Finanzziele bekannt gegeben werden. Damit dürfte eine neue Ära in Sachen Kapitaldisziplin in der gesamten Branche eingeläutet werden, erwartet HSBC-Analyst John Fraser-Andrews und rechnet mit der Ankündigung von Aktienrückkäufen, Dividendenanhebungen oder auch Sonderausschüttungen.

Beim Kapitalmarkttag von Daimler einen Tag später dürften vor allem Effizienzmaßnahmen im Fokus stehen. Für neue Margenziele ist es laut dem Analysehaus Kepler Cheuvreux aber wohl noch zu früh. Außerdem steht am Donnerstag dann auch der Börsengang der Wafersparte Siltronic von Wacker Chemie an. Wenn alles wie erhofft verläuft, dürfte Siltronic mit einem Emissionserlös von bis zu 480 Millionen Euro der zweitgrößte Börsengang nach Tele Columbus im Januar werden und damit gute Chancen auf eine baldige Aufnahme in den Technologiewerte-Index TecDAX haben./ck/la/jha/jsl

--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---

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