Besser als befürchtet 27.10.2016 11:35:00

Volkswagen steigert Gewinn trotz Ergebniseinbruchs bei Kernmarke

Der Autokonzern meldete unter anderem vor diesem Hintergrund am Donnerstag einen Gewinneinbruch bei der Kernmarke VW. Das Unternehmen trafen im dritten Quartal zudem weitere Rückstellungen bei der Tochter Audi. Dank guter Ergebnisse etwa bei Seat und Porsche stieg das konzernweite operative Ergebnis vor Sondereinflüssen in dem Dreimonatszeitraum gleichwohl um 17 Prozent auf 3,75 Milliarden Euro.

Volkswagen übertraf damit deutlich die Voraussagen der Analysten, die den Gewinn des laufenden Geschäfts nach den von Dow Jones Newswires zusammengetragenen Prognosen auf rund 3,07 Milliarden Euro geschätzt hatten. Auch mit dem Quartalsumsatz übertraf der Autokonzern die Erwartungen. Die Erlöse stiegen um rund 1 Prozent auf knapp 52 Milliarden Euro. Die Analysten hatten stattdessen einen leichten Rückgang auf 51,47 Milliarden Euro vorausgesagt.

Der Analyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI bezeichnete die Quartalsergebnisse denn auch als "sehr stark". Er wies in einer ersten Einschätzung darauf hin, dass sich Volkswagen nach wie vor mitten in einem Umbruch befinde und das Unternehmen weiter negativen Wechselkurseffekten ausgesetzt sei. Vor allem das Geschäft in China und die Tochter Porsche entwickelten sich vor dem Hintergrund weiter sehr gut, erklärte der Branchenexperte.

Volkswagen selbst gab sich vor allem mit Blick auf den Umsatz im Gesamtjahr etwas optimistischer als zuvor. Die Konzernverantwortlichen erwarten nun, dass die Erlöse "den Vorjahreswert erreichen können". Noch nach der ersten Jahreshälfte hatten sie einen Umsatzrückgang um bis zu 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreswert vorausgesagt.

Die Gewinnprognosen für das Geschäftsjahr veränderten die Volkswagen-Planer kaum. Der Konzern geht weiter von einer operativen Rendite vor Sondereffekten zwischen 5,0 und 6,0 Prozent aus - nach 6,0 Prozent im vergangenen Jahr. Die Verantwortlichen wiesen am Donnerstag anders als zuvor aber daraufhin, dass das Ergebnis "am oberen Ende der Bandbreite" liegen dürfte.

Marke VW verdient nur noch 363 Millionen Euro

Die Kernmarke Volkswagen trug im dritten Quartal allerdings nur noch rund 363 Millionen Euro zum Gewinn des laufenden Geschäfts bei. Ihr bereinigtes operatives Ergebnis hatte im dritten Quartal des Vorjahres noch 801 Millionen Euro betragen. Die bereinigte operative Rendite der Marke halbierte sich damit von 3,0 Prozent im Vorjahreszeitraum auf 1,5 Prozent.

Die Marke VW ist besonders vom Abgasskandal betroffen. Anders als in früheren Quartalen hat sie jüngst zwar die Zahl ihrer weltweiten Auslieferungen gesteigert. Grund dafür ist aber nur die große Nachfrage in China, die kaum Einfluss auf die operativen Ergebnisse des Unternehmens hat, weil der Erfolg der chinesischen Joint Ventures erst in das Beteiligungsergebnis des Volkswagen-Konzerns einfließt.

Im August hatte die Marke VW zudem mehrere Tage lang die Golf- und Passat-Produktion ruhen lassen müssen, weil Unternehmen der Zulieferergruppe Prevent die Volkswagen-Werke nicht mehr mit bestimmten Teilen versorgten. Nach Ansicht von Analysten dürfte auch dies den Gewinn der Marke VW beeinträchtigt haben. Volkswagen selbst führte die Gewinnentwicklung bei der Kernmarke außer auf den Abgasskandal auf "Volumen-, Mix- und Wechselkurseffekte" zurück.

Rückstellungen wegen des Abgasskandals steigen auf 18,2 Milliarden Euro

Der Abgasskandal hat Volkswagen im dritten Quartal abermals auch durch weitere Rückstellungen belastet: Die Tochter Audi verbuchte nach eigenen Angaben finanzielle Belastungen in Höhe von insgesamt 620 Millionen Euro, die zum Teil allerdings auch mit fehlerhaften Airbags des japanischen Zulieferers Takata in Zusammenhang stehen dürften. Volkswagen bezifferte die konzernweite Erhöhung der Rückstellungen wegen des Abgasskandals auf rund 400 Millionen Euro. Insgesamt beträgt die Risikovorsorge damit nun rund 18,2 Milliarden Euro.

Das unbereinigte operative Konzernergebnis des VW-Konzerns verbesserte sich dennoch nach einem Vorjahresverlust von 3,48 Milliarden Euro ganz erheblich auf einen Gewinn von 3,31 Milliarden Euro. Das Ergebnis nach Steuern drehte von minus 1,67 Milliarden auf plus 2,34 Milliarden Euro. Grund für die hohen Verluste im dritten Quartal 2015 waren die damals gebuchten ersten Milliarden-Rückstellungen wegen des Abgasskandals.

Volkswagen-Chef Matthias Müller wertete die Kennzahlen laut einer Mitteilung als Beleg für "die operative Stärke des Markenverbundes der Volkswagen-Gruppe". "Auf dieser Grundlage werden wir die vor uns liegende Transformation vom Autobauer zum Anbieter nachhaltiger Mobilität weiter vorantreiben und bewältigen", ließ er sich weiter zitieren. Der Konzern sei "voll handlungsfähig - trotz aller aktuellen Belastungen".

Netto-Liquidität bei Volkswagen verbessert sich um 12,1 Prozent

Volkswagen muss angesichts weltweiter Rechtsstreitigkeiten mit Milliarden-Ausgaben wegen des Abgasskandals rechnen. Vor dem Hintergrund wies der Finanzvorstand des Konzerns, Frank Witter, auf die Netto-Liquidität des Unternehmens hin. Die flüssigen Mittel der Automobilsparte stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 12,1 Prozent auf 31,12 Milliarden Euro.

Vor allem die Kernmarke VW aber steht angesichts der abermals geschrumpften Rendite unter zunehmendem Kostendruck. Produktivität und Profitabilität müssten sich im gesamten Konzern "weiter erheblich verbessern", sagte Finanzvorstand Witter. Die Marke VW sei "dabei von zentraler Bedeutung für die Zukunft des gesamten Konzerns". Markenchef Herbert Diess verhandelt derzeit mit Arbeitnehmervertretern über ein Sparpaket.

Der Analyst Ellinghorst sagte am Donnerstag, Volkswagen habe sich "in eine schwierige Kosten- und Komplexitätssituation manövriert". Diese Schwierigkeiten müsse der Konzern lösen, um eine führende Position unter den weltweiten Autoherstellern beanspruchen zu können.

Der Kurs der Volkswagen-Aktie blieb nach der Veröffentlichung der Quartalszahlen weitgehend unverändert. Die Ergebnisse seien zwar solide, stellten aber "keinen stärkeren Kurstreiber" dar, sagte ein Aktienhändler. Auch der Commerzbank-Analyst Sascha Gommel bezeichnete die Zahlen als "im Detail wenig aufregend".

   DJG/hev/mgo

   Dow Jones Newswires

 Von Hendrik Varnholt

FRANKFURT (Dow Jones)

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