10.04.2015 11:18:46
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USA kritisieren Europäer wegen zu großem Akzent auf Geldpolitik
Von Ian Talley und Jeffrey Sparshott
WASHINGTON (Dow Jones)--Die US-Regierung knöpft sich die Geldpolitik von Europäern und Japanern vor. Deren Zentralbanken verließen sich zu sehr auf monetäre Stimuli, um die Wirtschaft wieder in die Spur zu bringen. Der mangelnde Einsatz anderer Politikinstrumente könne einen bereits relativ schwachen weltwirtschaftlichen Konjunkturausblick zusätzlich verdunkeln, lautet die Warnung.
In seinem halbjährlich erscheinenden Währungsbericht kritisiert das US-Finanzministerium auch China und Südkorea. Durch deren konsequente Abwertungen würden Handelspartner - wie die USA selbst - geschädigt. Immerhin bezeichnet der Bericht kein Land als Währungsmanipulator, diesen Titel bekam als letztes China im Jahr 1994 verpasst.
Der Bericht wurde vor einem Treffen von Top-Finanzvertretern kommende Woche in Washington veröffentlicht. Er lanciert eine in gewisser Hinsicht seltsame Kritik. Die USA verließen sich selbst in großem Stil auf die Geldpolitik, als die Wirtschaft im eigenen Land kränkelte. Noch muss die US-Notenbank auch erst aus ihrer ultralockeren Geldpolitik aussteigen. In mehr als sechs Jahren pumpte die Zentralbank Billionen Dollar zu nahezu null Prozent Zinsen in den Wirtschaftskreislauf.
Inzwischen können US-Politiker auf einen relativ starken Aufschwung verweisen. Zugleich monieren sie, dass andere Länder nicht ihre tieferliegenden ökonomischen Probleme anpackten. "Es gibt sicherlich Bedenken, dass Japan und Deutschland ihre Ökonomien durch mehr Exporte statt erhöhter Binnennachfrage ankurbeln. Das könnte demnach zu einer unausgewogenen Erholung führen, möglicherweise auch Handelsspannungen", sorgt sich Ökonom Eswar Prasad von der Cornell-Universität. Möglicherweise könne Japan bei einem Scheitern seiner Politik auch gleich wieder die US-Wirtschaft mit nach unten ziehen.
Im vergangenen Jahr kletterte der US-Dollar zum Euro auf seinen höchsten Wert seit einem Jahrzehnt. Manche Ökonomen rechnen mit der Euro-Dollar-Parität noch in den kommenden Monaten. Der Dollar-Aufwärtstrend dürfte andauern, da die Fed mit Leitzinserhöhungen liebäugelt, während Europa und Japan weiterhin auf die Politik des billigen Geldes setzen.
Die Dollar-Aufwertung schlägt zunehmend politische Wellen. Dadurch gerät selbst die transpazifische Handelspartnerschaft ins Stocken, die rund 40 Prozent der Weltwirtschaft umfassen würde. Der US-Kongress fordert Klauseln, wonach Handelspartner für bewusste Währungsmanipulation bestraft würden.
Neben dem US-Finanzministerium bläst der Internationale Währungsfonds (IWF) ins gleiche Horn. Dessen Chefin Christine Lagarde verweist auf das Risiko von langfristiger Stagnation, hohen Schuldenbergen und immenser Arbeitslosigkeit, sollten die weltgrößten Nationen nicht stärkere Maßnahmen ergreifen. "Wir können und müssen es besser machen."
In Europa greift die US-Politik insbesondere Deutschland an. Die europäische Konjunkturlokomotive erwirtschafte einen Außenhandelsüberschuss von nahezu 8 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dieses Jahr dürfte das Land sogar China als Nation mit dem größten Handelsüberschuss in die Schranken weisen.
Die US-Regierung kritisiere Europa und Japan völlig zurecht, meint Gründungsdirektor Fred Bergsten vom Peterson Institute for International Economics. Geldpolitik verteile lediglich das globale Wachstum um, anstatt zur globalen Wirtschaftsleistung beizutragen. US-Politiker kritisieren Deutschland besonders dafür, sich auf Kosten von schwächeren Euro-Ländern zu gesunden und auf der Expansion der gesamten Währungsunion zu lasten. Washington drängt Berlin vielmehr dazu, sein großes Budgetplus für einen Nachfrageschub zu nutzen - etwa über Infrastrukturprojekte.
Auch die Japaner werden zu einer Kursänderung aufgefordert. Die Geldpolitik müsse durch entsprechende fiskalische Schritte gestützt und das Land generell wettbewerbsfähiger gemacht werden. Ein Vertreter der japanischen Botschaft in Washington wollte sich zu dem Währungsbericht nicht weiter äußern.
Das US-Finanzministerium sieht sich auf der Erfolgsspur. Der diplomatische Druck habe etwa China dazu gebracht, seine Währung nicht mehr beständig abzuwerten, sondern inzwischen sogar zu verteuern. Die US-Politik schreibt sich auch ein Abkommen auf die Fahnen, wonach China seine Devisenmarktoperationen transparenter gestalten will.
Unterdessen schwächt sich Chinas Wirtschaft aber ab, was Peking wiederum dazu veranlassen könnte, den Marktzugang für internationale Investoren und Firmen nicht mehr auszuweiten. Das Land könnte selbst wieder an den Devisenmärkten intervenieren, um den Yuan abzuwerten, falls das Wachstum weiter nachlässt.
Obwohl der starke Dollar den US-Amerikanern mehr Kaufkraft verleiht, belastet er auch die Wirtschaft, da er US-Güter und Dienstleistungen im Ausland teurer macht. Das höhlt die Nachfrage nach US-Exporten aus. Dieses ist einer der Gründe, warum Fed-Vertreter beim Zeitpunkt ihrer ersten Zinserhöhung genau auf den Einfluss des starken Dollar auf Wachstum und Inflation achten.
Trotzdem sehen Fed-Vertreter und die Obama-Administration den billigeren Yen und Euro nicht per se als negativ an. Vielmehr könnten diese das Wachstum bei zwei der größten US-Handelspartner beflügeln und damit auch der US-Wirtschaft zusätzlichen Schwung verleihen.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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April 10, 2015 05:14 ET (09:14 GMT)
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