Sieg aber nicht sicher 07.11.2016 15:46:00

Clinton geht mit Vorsprung ins Finale der US-Wahl

Beide Kandidaten schlugen sich bis zuletzt mit Skandalen und historisch schlechten Beliebtheitswerten herum. Dem Ausgang der Wahl wird weltweit entgegengefiebert. Die Sorge vor einem Sieg des Populisten Trump war groß, vor allem in Europa.

Über Monate hatten sich Clinton und Trump einen erbitterten Wahlkampf voller persönlicher Angriffe geliefert. Trump ist ein politischer Quereinsteiger, ein Amt hatte der Unternehmer nie inne. Clinton kennt das Weiße Haus aus ihrer Zeit als First Lady. Später war sie Senatorin und Außenministerin.

Beide Kandidaten sollten am Montag noch einmal einen Sprint durch wichtige Staaten hinlegen. Clinton wollte am Abend in Pennsylvania mit Präsident Barack Obama, First Lady Michelle Obama und anderen prominenten Unterstützern auftreten. Trump plante Reden in Florida, North Carolina, Pennsylvania und New Hampshire.

Möglichen neuen Rückenwind erhielt Clinton am Sonntag durch die Mitteilung der Bundespolizei FBI, nach der auch eine zweite Runde von Ermittlungen in der E-Mail-Affäre keine Anhaltspunkte für kriminelles Verhalten ergeben hat. Viele Experten bezweifelten aber, dass sich das in dieser späten Wahlkampfphase noch in einem deutlichen Stimmenschub widerspiegeln wird.

Wahlberechtigt sind von den 322 Millionen US-Bürgern theoretisch alle, die mindestens 18 Jahre alt sind. Das sind etwa 219 Millionen. Voraussetzung ist, dass sich ein Wähler registrieren lässt und nicht von der Wahl ausgeschlossen wird - beispielsweise wegen einer kriminellen Vergangenheit.

Über 41 Millionen Amerikaner haben bereits frühzeitig abgestimmt. In drei wichtigen Bundesstaaten deutete sich eine hohe Beteiligung hispanischer Wähler an, darunter in Florida. Das ist für Clinton Anlass zur Hoffnung: Diese Gruppe neigt dazu, eher demokratisch zu wählen. Zudem sind viele Latinos abgeschreckt von Trumps feindlicher Rhetorik gegen Einwanderer aus Mexiko.

Umfragen am Montag zeigten Clinton landesweit vorne. Das Portal RealClearPolitics, das seit Monaten einen Querschnitt aller Umfragen erhebt, sah die 69-Jährige mit zwei Punkten in Front. Letztendlich kommt es aber auf eine Reihe von besonders umkämpften Staaten an, darunter Florida, Pennsylvania und New Hampshire. In einigen wenigen Staaten hatte sich das Gewicht zuletzt etwas zugunsten von Trump verschoben.

Entscheidend ist am Ende nicht die absolute Stimmenzahl, sondern die Zahl der Wahlmänner. Die Mehrheit liegt bei 270. Clinton habe 203 sicher, Trump 164, und 171 seien noch nicht zuzuordnen, errechnete RealClearPolitics am Montag.

Die Wahlmänner wählen im Dezember stellvertretend für das amerikanische Volk den Präsidenten. Der Kandidat, der am Wahltag einen Staat gewinnt, erhält nach dem in den meisten Staaten geltenden Mehrheitswahlrecht alle Wahlmänner dieses Staates zugesprochen.

Trump erneuerte am Sonntagabend (Ortszeit) bei einem Wahlkampfauftritt in Michigan seinen Vorwurf eines "total manipulierten Systems". Clinton sei schuldig, erklärte er mit Blick auf die E-Mail-Affäre. "Sie weiß es, das FBI weiß es, die Leute wissen es. Nun ist es in den Händen des amerikanischen Volkes, am 8. November an den Wahlurnen der Gerechtigkeit Genüge zu tun."

Die Affäre hatte im gesamten Wahlkampf wie eine dunke Wolke über Clinton gehangen. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob sie die Sicherheit der Nation gefährdet hat, weil sie als Außenministerin auch dienstliche E-Mails über einen privaten Server laufen ließ. Das FBI schloss die Ermittlungen dazu im Sommer ab und warf Clinton zwar extreme Sorglosigkeit vor, empfahl aber keine Anklage.

Am Sonntag teilte Comey nun in einem Brief an Kongressmitglieder mit, dass die neuen Ermittlungen abgeschlossen seien und sich nichts an der Einschätzung vom Sommer geändert habe.

Die "New York Times" berichtete unterdessen, Trumps Berater hätten ihm ein Twitter-Verbot erteilt. Sie hätten ihm die Kontrolle über sein Konto bei dem Kurznachrichtendienst "entrissen", damit er seine Chancen bei der Wahl am Dienstag nicht mit ungefilterten Anfeindungen schmälere. Trumps Wahlkampfmanagerin Kellyanne Conway wies den Bericht in einem Interview als falsch zurück.

Mit Spannung wurde erwartet, wie Trump auf das Ergebnis der Wahl reagiert. In der letzten Fernsehdebatte wollte er sich nicht darauf festlegen, ob er eine mögliche Niederlage anerkennen würde.

/hma/DP/she

WASHINGTON (dpa-AFX)

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