Banges Warten in New York 09.11.2016 08:03:42

Trump und Clinton im dramatischen Showdown

"Ich bin schwarz! Ich bin schwul! Ich bin Demokrat! Und ich wähle Donald John Trump!", ruft der Afroamerikaner in ihr Mikrofon, als er umringt von gleichgesinnten Protestlern auf einem Gehweg in Manhattan steht. Der 32-Jährige fängt an zu weinen, Tränen strömen über sein Gesicht.

Hatten die New Yorker sich am Dienstag noch weitgehend gesittet an Gemeindezentren, Schulen und Kirchen zum Urnengang angestellt, lädt sich die Stimmung im Lauf des Wahlabends zunehmend auf. Der Mann, der das politische Geschehen in den vergangenen Monaten aufgerüttelt hat wie kein anderer, hat Gehwege um seinen Wolkenkratzer absperren lassen. Streufahrzeuge blockieren die Fahrspur am Trump Tower, eine Polizeistreife steht auf dem Bürgersteig, Blaulicht blinkt.

Bis tief in die Nacht halten Anhänger des twitterfreudigen Politnovizen an "The Donald" fest. Daniel Palacios etwa, der an einem Straßenstand vor dem Trump Tower gerade ein Plakat kaufen will. "Ich bin einer der ganz wenigen in meiner Altersgruppe", sagt der 19-Jährige. Seit er Trump 2003 in einem Wrestling-Match sah, ist er Fan. Im tiefblauen, demokratischen Staat New York sei das nicht immer leicht: "Meine Stimme zählt nicht wirklich", sagt Palacios, der an der St. Johns University Finanzwesen studiert. Das Poster kauft er trotzdem.

Wenige Blocks entfernt bereiten sich hochrangige Gäste und Trumps Mitarbeiter auf eine spektakuläre Gewinner-Show vor. "Trump Victory Entrance" (Trump Gewinner-Eingang) steht auf einem Schild vor dem Saal im Hotel, in dem die Party steigen soll. Reporter ausländischer Medien versuchen mit allen Tricks, auf den letzten Drücker Zugang zu bekommen - die meisten gehen leer aus. Es wird gemunkelt, nur Journalisten des russischen TV-Senders RT seien zugelassen worden.

Am Times Square, der sich sonst nur an Silvester in die Straßenparty aller Straßenpartys verwandelt, warten Hunderte in Schockstarre. Stunden verstreichen, während die politischen Landkarten der TV-Sender sich schrittweise blau und rot färben und weder Trump noch seine Rivalin Hillary Clinton das Rennen für sich entscheiden können. Auch ihren im Javits-Kongresszentrum versammelten Fans bleibt nichts anderes übrig, als die stundenlangen Hochrechnungen zu verfolgen.

"Triumph des Unerwarteten", fasst Roger Sachar die vergangenen 18 Monate Wahlkampf zusammen, die sich nun langsam aber sicher in eine nervenaufreibende Hängepartie verwandeln. Noch ist die Stimmung bei ihm und dem Verein junger Republikaner in der Turnmill Bar im südlichen Manhattan ausgelassen. Doch weiter nördlich an der Upper East Side, wo die Partei zur Viewing-Party bei Wein, Bier und Chips geladen hat, setzt bald darauf die Ermüdung ein.

Zwar löst jeder Bundesstaat, den Trump für sich entscheidet, in dem edlen Wohnhaus Jubel und Applaus aus. "Ich bin so oft in meinem Leben enttäuscht worden, aber hier habe ich ein richtig gutes Gefühl", sagt ein bärtiger Mann in Lederjacke. "Wir schreiben Geschichte." Doch die Geschichte braucht an diesem Abend etwas länger. Langsam schieben Helfer Tische zusammen, die Getränke werden abgeräumt. Wer der Nachfolger von Präsident Barack Obama wird, ist immer noch offen. Wie eingefroren stehen die Zähler der gewonnenen Wahlmänner beim Sender "Fox News" bei 264 zu 215.

Viele Hoffnungen hatte sich James Reichman für diesen Abend ohnehin nicht gemacht. "Die Partei ist ein Scherbenhaufen", sagt der Zigarrenhändler und Modedesigner, der Trump mehrfach persönlich getroffen hat. "Ich glaube, ich bin hierher gekommen, um gemeinsam zu verlieren." Ganz egal, ob Clinton oder Trump das Spiel für sich entscheiden - Anwalt Bruce Abramson hält diese Wahl für historisch. Die Republikaner würden sich nun entweder noch einmal aufbäumen oder komplett zersplittern. "Es ist das letzte Gefecht."/emb/cah/jot/DP/stk

NEW YORK (dpa-AFX)

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