"Wahrscheinlich angemessen" 18.05.2016 23:30:42

US-Notenbank uneins über mögliche Zinserhöhung im Juni

Die Mitglieder der US-Notenbank Fed waren sich einig, dass eine Zinserhöhung "wahrscheinlich angemessen" wäre, falls sich die Wirtschaftserholung verstärkt, heißt es im am Mittwoch veröffentlichten Protokoll (Minutes) zur Sitzung des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) vom 25. bis 26. April. Die Meinungen gingen jedoch weit auseinander, ob die weitere wirtschaftliche Entwicklung eine Anhebung am 15. Juni rechtfertigen dürfte.

Neben einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal sei eine anhaltende Verbesserung am Arbeitsmarkt und ein Anstieg der Inflationsrate in Richtung des Inflationsziels von zwei Prozent nötig. Die Mitglieder wollten sich demnach für den Juni-Termin alle Optionen offen halten und auf die wirtschaftliche Entwicklung reagieren. Einige Mitglieder zeigten sich besorgt, dass die Zinserhöhungserwartungen an den Märkten zu niedrig seien.

BREXIT EIN RISIKO

Weiterhin sahen jedoch viele Mitglieder anhaltende Abwärtsrisiken für den wirtschaftlichen Ausblick. Die Entwicklung an den Weltfinanzmärkten müsse genau beobachtet werden. Einige Vertreter der Notenbank verwiesen laut dem Protokoll beispielsweise auf das Risiko eines Austritts von Großbritannien aus der EU. Das Referendum findet in der Woche nach der Zinsentscheidung statt. An den vergangenen Tagen signalisierten jedoch einige Umfragen eine deutliche Mehrheit für einen Verbleib des Landes in der EU. Zudem haben die jüngsten Konjunkturdaten ein anziehendes Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal in den USA signalisiert. Auch die Inflationsrate hatte im April etwas zugelegt. "Eine Zinserhöhung im Juni ist ein sehr realistisches Szenario", kommentierte Harm Bandholz, Volkswirt bei der UniCredit. Die entscheidende Frage sei jedoch, ob man die zögerlichen Mitglieder im FOMC davon überzeugen könne, dass die Wachstumsbeschleunigung nachhaltig sei. Zu den abwartenden Mitglieder zählt Bandholz auch Notenbankpräsidentin Janet Yellen.

Die Aussagen der Fed beflügelten an den Märkten die Zinserhöhungserwartungen. So legte der US-Dollar deutlich zu. Der Eurokurs fiel auf ein Tagestief von 1,1222 US-Dollar. Vor der Veröffentlichung hatte er noch knapp unter der Marke von 1,13 Dollar notiert. Die Aktienmärkte gaben leicht nach, während die Kurse von US-Staatsanleihen deutlich nachgaben. Nachdem die Finanzmärkte vor einigen Tagen kaum eine Zinserhöhung im Juni erwartet hatten, lag die Wahrscheinlichkeit zuletzt bei 28 Prozent. Bei deutlich über 50 Prozent liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im September. Diese Wert werden auf Basis von Terminkontrakten ermittelt.

MEHRERE ZINSERHÖHUNGEN IN 2016 MÖGLICH

An den vergangenen Tagen hatten einige Fed-Vertreter die Zinserhöhungserwartungen etwas nach oben getrieben. In diesem Jahr sind beispielsweise nach Einschätzung des Präsidenten der regionalen US-Notenbank Fed von Atlanta, Dennis Lockhart, zwei bis drei Leitzinsanhebungen möglich. Auch eine Zinserhöhung im Juni sei nicht vom Tisch.

Ihren Leitzins hatte die Notenbank auf ihrer Sitzung im April in einer Spanne von 0,25 bis 0,50 Prozent belassen. Mitte Dezember hatte die Notenbank erstmals seit der Finanzkrise den Leitzins angehoben. Seitdem zögert die Fed ihre Zinserhöhungen fortzusetzen - auch wegen weltwirtschaftlicher Risiken. Auf der letzten Sitzung hatte sie jedoch eine ausdrückliche Warnung gestrichen. Eine Zinserhöhung im Juni gilt als denkbar, da dann auch eine Pressekonferenz stattfindet, auf der die Entscheidung erklärt werden könnte. dpa-AFX

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