11.10.2013 11:22:00

US-Budgetstreit - "US-Wirtschaftsraum könnte entzaubert werden"

Die größte Gefahr des "government shutdown" im Zuge des Budgetstreits in den USA ist neben einem möglicherweise monatelangem Aus der Verwaltung vor allem die negative Signalwirkung auf die Finanzmärkte. Das erklärte Gottfried Haber von der Donau Universität Krems am Freitag im APA-Gespräch. "Der US-Wirtschaftsraum könnte entzaubert werden. Vor allem wenn Anleger beginnen sich das US-Budget genauer anzuschauen - die Schuldenquote und Haushaltssituation sind nicht besser als in Europa." Spekulanten könnten beginnen gegen den US-Wirtschaftsraum vorzugehen, was die EU auch hart treffen würde, so der Wirtschaftswissenschafter.

Haber erinnerte, dass es in den vergangenen Jahren schon öfters - und zwar im zweistelligen Bereich - zu vorübergehenden "shutdowns" gekommen ist. Aktuell aber "ist das Image der USA bereits angekratzt und der Budgetstreit legt noch ein Schäuferl drauf". "Ein gewisser Schaden ist schon passiert - egal ob man sich jetzt ein paar Tage früher oder später - zumindest provisorisch - einigen wird", sagte Haber.

Als "sehr unrealistisch" bezeichnet der Fachmann, dass die USA gar Kredittilgungen oder Zinszahlungen aussetzen könnten. "Das wäre fatal. Die USA kämen in eine Riege von Problemstaaten wie Griechenland oder Zypern. Die Zinsen für US-Staatsanleihen würden ins astronomische steigen, dann käme es wirklich zu einer Weltwirtschaftskrise."

Im "sehr unrealistischen" Fall würde die EU außerhalb der USA am stärksten mitbetroffen sein, so Haber. Das sei auf die besonders engen wirtschaftlichen Verflechtungen zurückzuführen. "Bisher haben die USA stark davon profitiert, dass gegen den EU-Wirtschaftsraum spekuliert wurde." Käme es zum gegenteiligen Fall, "beflügelt das den EU-Wirtschaftsraum aber nicht, weil hier immer noch viel Skepsis vorhanden ist, ob die Staaten stabil sind". Würden die Amerikaner auch schwächeln, würde auch wieder verstärkt gegen EU-Problemländer spekuliert, so der Fachmann.

Was aber bedeutet die Situation für die laut Vorhersagen wieder leicht aufkeimende Konjunktur in Europa und Österreich? Haber meinte dazu, dass das die "gedämpft optimistischen Erwartungen durch unvorhergesehene Turbulenzen wie den momentanen US-Budgetstreit" nicht unbedingt beflügelt würden. Außerdem sei der US-Budgetstreit ein "Zeichen dafür, dass auch bisher stabile Budgetländer Probleme haben - das zeigt, weltweit ist das Problem zu hoch verschuldeter Staaten nicht gelöst. Und das wiederum kann zu einer Verschärfung der Ausläufer der bisherigen Krise führen."

Haber empfiehlt den USA aber auch Österreich etwa ein "Best of aus Schuldenbremsen". Österreich brauche wie die USA eine verfassungsmäßige Verankerung einer Schuldenbremse. Tritt diese in Kraft, sei ein "government shutdown" aber übertrieben. Hier sei beispielsweise das Zwölftelbudget, das in Österreich zur Anwendung kommen kann, eine bessere Lösung, weil das Weiterarbeiten für die jeweilige Regierung möglich ist und nicht so gut wie alles zum Stillstand kommt. Den USA empfahl Haber eine pragmatischere Lösung bei der Schuldenbremse, "damit man den Staat nicht zusperren muss".

(Schluss) phs/gru

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