19.05.2015 16:00:00
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Unbefristeter Bahnstreik in Deutschland läuft an
Von Christian Grimm und Stefan Lange
BERLIN (Dow Jones)-- Die Gespräche in letzter Minute zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL haben keine Überraschung gebracht. Der Streik im Güterverkehr ist wie angekündigt um 15.00 Uhr angelaufen. In der Nacht sollen dann auch die Lokführer im Personenverkehr die Züge stillstehen lassen.
Am Vormittag waren die beiden Konfliktparteien noch einmal zusammengekommen. Als Experte wurde der frühere Richter am Bundesarbeitsgericht Klaus Bepler hinzugezogen. Bepler stärkte mit seinen Urteilen maßgeblich die kleinen Gewerkschaften und sprengte damit die Jahrzehnte bewährte Tarifeinheit in Deutschland. Er soll Bahn und GDL erklären, was nach Recht und Gesetz möglich ist.
Die Bahn hat unterdessen die Ersatzfahrpläne für den Personenverkehr freigeschaltet. Bahn-Fahrer können sich bereits seit den Mittagsstunden darüber informieren, ob ihr Fernverkehrszug nach Streikbeginn Mittwochnacht fährt oder ausfällt. Der S-Bahn- und Regionalverkehr folgt dann am Nachmittag. Die Ersatzfahrpläne gelten jeweils für zwei Tage.
Bahn-Vorstand Ulrich Homburg versprach am Dienstag in Berlin, dass die im Ersatzfahrplan angebotenen Züge zuverlässig und pünktlich rollen sollen. Gleichzeitig griff er die Gewerkschaft der Lokführer scharf an. "Der Schaden für das Unternehmen und die deutsche Wirtschaft ist immens", sagte Homburg. Das Vertrauen in die Bahn als solche sei erschüttert.
Gabriel macht sich für Schlichtung stark
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat sich erneut für eine Schlichtung ausgesprochen. "Ich finde es einfach bedauerlich, dass der Weg über einen Schlichter nicht eingeschlagen wird", sagte der SPD-Politiker. Der Weg, eine Schlichtung zu versuchen, habe in Deutschland eine gute Tradition, sagte Gabriel.
Er halte eine Schlichtung jedenfalls für den besseren Weg, als immer wieder neue Streiks zu verkünden, machte Gabriel mit Blick auf die Lokführergewerkschaft GDL deutlich." Ich weiß nicht, ob es noch Leute gibt, die das verstehen", kritisierte er.
Anders als vom SPD-Chef bekamen die Lokführer Unterstützung von der Linkspartei. Fraktionschef Gregor Gysi machte das Tarifeinheitsgesetz, dass am Freitag von Schwarz-Rot im Bundestag beschlossen werden dürfte, für die Eskalation verantwortlich. "Was die Bahnleitung macht, ist Stimmung im Auftrag der Bundesregierung zu schüren", schimpfte Gysi. Damit solle die Zustimmung für das Tarifeinheitsgesetz in der Bevölkerung gesteigert werden. "Dass die SPD mitmacht, ist ein Skandal", setzte Gysi nach.
Die Wirtschaft erwartet hohe Streikkosten
In der Wirtschaft gibt es naturgemäß kein Verständnis für den neunten Arbeitskampf im laufenden Tarifstreit. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befürchtet durch Zugausfälle schwerwiegende Auswirkungen auf den "international guten Ruf" des Logistikstandortes Deutschland und Schäden von bis zu 100 Millionen Euro am Tag. "Verlässlichkeit in den Logistikketten war bislang ein Qualitätsmerkmal unseres Landes. Dieses Vertrauen wird gerade mutwillig ausgehöhlt", erklärte das Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, Dieter Schweer.
Bahn-Vorstand Homburg versprach den Unternehmen, dass in der Gütersparte bis zu 70 Prozent aller Verbindungen gehalten werden können. Dennoch machen die Lokführer der Logistiktochter Schenker das Leben schwer. Viele Industriekunden, klagte Homburger, kehrten dem Konzern und seiner Tochter Schenker den Rücken und bauten sich ein zweites Transportstandbein auf.
Dieses Mal wollen die Lokführer ihre Arbeit unbefristet niederlegen. In den alten Bundesländern kann die Bahn aber stärker auf verbeamtete Lokführer zurückgreifen, die nicht streiken dürfen. Im Regionalverkehr sollen deshalb zwischen 50 und 60 Prozent der Verbindungen gehalten werden. Im Osten ist der Organisationsgrad der Gewerkschaft sehr stark, so dass nur jeder fünfte Zug angeboten werden kann.
Im Fernverkehr will die Konzernspitze - wie in den vergangenen Streikrunden auch - ein Drittel der Züge auf die Schiene bringen.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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May 19, 2015 09:49 ET (13:49 GMT)
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