Gewinn sackt ab |
27.01.2015 10:43:31
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Siemens-Aktie unter Druck nach schwachen Quartalszahlen
Im Auftaktquartal des laufenden Geschäftsjahres 2014/15 ist Siemens-Chef Joe Kaeser förmlich auf der Ölspur ausgerutscht. Ausgerechnet in der Division Power and Gas, in die Kaeser im vergangenen Jahr viele Milliarden in Zukäufe investiert hat, brach die Marge ein. 11,3 Prozent wurden noch erzielt, ein Jahr zuvor waren es 18,2 Prozent. Die Division, die zu den umsatzstärksten im Siemens-Konzern gehört, prügelte auch die Gesamtmarge des Konzerns nach unten: 10,2 Prozent (im Vorjahr waren es 11,3 Prozent) wurden noch erreicht. Am unteren Ende des von Kaeser selbst für das Geschäftsjahr vorgegebenen Zielkorridors von 10 bis 11 Prozent.
An der Börse kommt das schlecht an: Im frühen Handel tendiert die Aktie 3,4 Prozent leichter auf 99,37 Euro und ist mit Abstand der größte Verlierer im DAX, der zur selben Zeit 0,4 Prozent nachgibt. Den Margenverfall bei Power and Gas nannte Jefferies Analyst Peter Reilly "schlimmer als erwartet".
Kaeser gab sich selbstkritisch: "Es gibt kein anderes Geschäft im Hause mit einem vergleichbar großen Handlungsbedarf - auch deshalb, weil die Zeichen der Zeit nicht ausreichend erkannt wurden, zum Beispiel wachsender Preisdruck und Überkapazitäten." Köpfe sind in der Konzernzentrale am Wittelsbacher Platz in München bereits gerollt: Divisionschef Roland Fischer, der den Bereich seit 2011 verantwortete, verlässt den Konzern noch in dieser Woche, ließ Siemens am späten Montagabend nach einer Aufsichtsratssitzung wissen.
Doch es war Kaeser selbst, der Milliarden in den Bereich investierte: Im Herbst kaufte er für die Rekordsumme von 7,6 Milliarden Dollar den Ölindustrieausrüster Dresser Rand, wenige Monate zuvor für 1,3 Milliarden Dollar den Großteil des Energiegeschäftes von Rolls-Royce. Es waren andere Zeiten. Als sich Kaeser Dresser Rand sicherte, kostete das Fass Nordseeöl noch 100 Dollar, jetzt ist das Fass für die Hälfte zu haben.
Noch vor drei Monaten sagte Kaeser, der sinkende Ölpreis fichte ihn nicht an. Am Dienstag, kurz vor Beginn der Hauptversammlung, auf der die Zukäufe sicherlich Thema sein werden, schlug er andere Töne an. Wegen des niedrigeren Ölpreises erwarte Siemens weniger Aufträge aus diesem Sektor, das sei bereits spürbar. Kaeser schloss auch nicht aus, dass Öl-exportierende Länder Infrastruktur-Projekte auf Eis legten. Gleichwohl helfe der gesunkene Ölpreis aber auch den Schwellenländern, die mehr in Infrastruktur investieren könnten. "Strukturell bedingt" ist der gesunkene Ölpreis aber nicht, er spiegele vielmehr ein Angebotsüberhang wieder. Er suchte Parallelen zum Jahr 2008, als der Ölpreis binnen kurzer Zeit kollabierte sich dann aber wieder deutlich erholte.
Derweil versuchte Siemens-Finanzchef Ralf Thomas Befürchtungen zu zerstreuen, dass der im starken US-Dollar zu begleichende Kauf von Dresser Rand noch Ungemach nach sich zieht. Wird die Transaktion im Jahresverlauf besiegelt und der Kaufpreis fällig, zahlt eine US-Gesellschaft des deutschen Konzerns, die über ausreichend Landeswährung verfügt. Abschreibungsbedarf ergebe sich - zumindest vorerst - nicht, so Thomas.
Power and Gas ist aber nicht der einzige Bereich, der Kaeser Kopfschmerzen bereitet: Auch die Marge im Healthcare-Geschäft sank auf 14,5 von 17,6 Prozent. "Healthcare muss seine Anstrengungen verstärken, um schnell wieder an die bisherigen Leistungen anzuknüpfen," forderte Kaeser und ließ auch in diesem Bereich Köpfe rollen. Hermann Requardt, neben Kaeser der am längsten gediente Siemens-Vorstand, muss gehen.
Nun kränkelt Siemens im Healthcare-Bereich nicht allein. Auch Wettbewerber Philips legte schlechte Zahlen vor. Grund war insbesondere der Healthcare-Bereich der Niederländer. Philips hatte Anfang des Jahres bereits gewarnt, dass ein Produktionsausfall in seinem US-Werk in Cleveland teurer wird als erwartet. Die daraus entstandenen Belastungen bezifferte das Unternehmen für das operative Ergebnis 2014 auf rund 225 Millionen Euro statt wie erwartet auf 180 Millionen. In der Folge brach trotz eines auf 6,54 Milliarden nach 6,4 Milliarden Euro im Vorjahr gestiegenen Umsatzes das EBITA auf 262 Millionen von 789 Millionen Euro ein.
Ganz so schlimm hat es den Dax-Konzern dann doch nicht getroffen: Der Auftragseingang ging zwar um 11 Prozent auf 18,01 Milliarden Euro zurück. Der Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum hinkt indes, da Siemens seinerzeit einen 1,6 Milliarden Euro schweren Großauftrag aus Saudi-Arabien verbuchte. Ein ähnlich großer Auftrag ging dem Dax-Konzern im Berichtszeitraum nicht ins Netz. Im ersten Quartal lag die Book-to-Bill-Ratio, das Verhältnis von neuen Aufträgen zum Umsatz, bei 1,03 - Siemens will diesen Wert im laufenden Geschäftsjahr über 1 halten.
Der Umsatz, dessen Vergleichbarkeit durch Verkäufe und Akquisitionen ebenfalls eingeschränkt ist, legte um 5 Prozent auf 17,42 Milliarden Euro zu. Auch hier hat Siemens vom schwächeren Euro profitiert. Denn die Profitabilität von Deutschlands größten Industriekonzern, der international vor allem mit General Electric im Wettbewerb steht, ist gesunken. Das Ergebnis des industriellen Geschäftes ging um 4 Prozent auf 1,82 Milliarden Euro zurück. Unterm Strich blieben im ersten Quartal des Geschäftsjahres 1,08 Milliarden Euro nach 1,43 Milliarden Euro im Vorjahr hängen. Neben der schwächeren operativen Entwicklung spielten hier auch negative Effekte im Finanzergebnis eine Rolle.
Immerhin: In vier der jetzt neun Divisionen bleibt für Siemens jetzt unterm Strich mehr hängen. Margen-König ist die Software-lastige Division Digital Factory, wo die Kennzahl auf 19,4 Prozent von 17,8 Prozent weiter zulegte.
Gleichwohl warnte Siemens, dass die Märkte "wegen geopolitischer Spannungen komplex blieben." Weniger ambitioniert gibt sich Kaeser gleichwohl nicht: Er bekräftigte, dass Siemens im kommenden Geschäftsjahr kräftig wachsen und 2017 zum Wettbewerb aufschließen zu wollen. Das wird auf Kosten der Mitarbeiter gehen. Geschäfte, die kein Geld verdienen, sollen im kommenden Monat strategisch bewertet werden. Lösungen sollen dann im Mai vorliegen, kündigte Kaeser am Dienstag an.
Ab der kommenden Woche will der Konzern auch mit den Arbeitnehmervertretern sprechen. Siemens hatte vergangenes Jahr angekündigt, durch Effizienzsteigerungen die Kosten um 1 Milliarde zu senken, was ohne Arbeitsplatzabbau sicher nicht zu leisten ist.
DJG/apr/kla
Dow Jones Newswires
Von Archibald Preuschat
MÜNCHEN
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