13.11.2015 12:31:45
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Wachstumabschwächung im Euroraum ruft EZB auf den Plan
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)-- Das Wirtschaftswachstum im Euroraum hat sich im dritten Quartal 2015 entgegen den Erwartungen etwas abgeschwächt. Während die Wirtschaft in den größten vier Volkswirtschaften ordentlich wuchs - in Frankreich sogar stärker als zuletzt -, nahm die Dynamik in einigen Peripherieländern deutlich ab. Volkswirte sind der Meinung, dass sich die Europäische Zentralbank (EZB) dadurch in ihren Diskussionen über eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik bestätigt sehen wird.
Nach Mitteilung von Eurostat stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent, während die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte einen Zuwachs von 0,4 Prozent prognostiziert hatten. Um so viel war das BIP auch im zweiten Quartal gestiegen. Die Jahreswachstumsrate des BIP erhöhte sich von 1,5 Prozent im zweiten auf 1,6 im dritten Quartal.
Schwächer als erwartet war das Wachstum vor allem in den Niederlanden und Portugal, wo nur Quartalsraten von 0,1 und 0,0 Prozent erreicht wurden. Von den Analysten prognostiziert waren hingegen Anstiege von je 0,4 Prozent. In Finnland schrumpfte das BIP sogar um 0,6 Prozent und lag um 0,7 Prozent unter Vorjahresniveau. In Griechenland und Estland sank die Wirtschaftsleistung um je 0,5 Prozent. In Deutschland und Frankreich legte die Wirtschaftsleistung dagegen wie vorausgesagt um je 0,3 Prozent zu und in Spanien sogar um 0,8 Prozent.
"Es waren die großen Vier, die für das Wachstum im Euroraum gesorgt haben, vor allem Spanien zeigt überhaupt keine Ermüdungserscheinungen", sagt Alexander Krüger, der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. Er glaubt, dass sich die EZB von den Zahlen in ihren Diskussion über eine Ausweitung ihrer Anleihekäufe bestätigt sehen wird.
Nordea-Chefanalyst Holger Sandte ist der Ansicht, dass die Zahlen die geldpolitischen Tauben im EZB-Rat stärken werden. "Bis zum gewissen Grad sind die Abwärtsrisiken für das Wachstum, vor denen die EZB gewarnt hat, bereits eingetreten", sagte er. Man frage sich, wo das Wachstum wohl ohne den Ölpreisrückgang liegen würde - "wahrscheinlich bei null".
Sandte prognostiziert für das vierte Quartal auf Basis der bisher vorliegenden Frühindikatoren 0,4 Prozent Wachstum. Seine bisherige Prognose von 1,3 Prozent Wachstum im Gesamtjahr 2015 sei aber wegen der früheren Aufwärtsrevision des ersten und zweiten Quartals wohl etwas zu pessimistisch, meint er.
Krüger ist für die Konjunkturentwicklung im kommenden Jahr eher skeptisch. "Selbst wenn wir im vierten Quartal 2015 auf 0,4 Prozent Wachstum kommen, bräuchten wir 2016 jedes Quartal so viel Wachstum, wie wir zuletzt 2010, unmittelbar nach der Großen Rezession, hatten", gab er zu bedenken. Das brauche man aber, um auf Prognosen von 1,7 oder 1,8 Prozent zu kommen. So viel Wachstum erwarteten zuletzt der EZB-Stab und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Holger Schmieding, der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, erwartet deshalb, dass die Stabsprojektion im Dezember auf 1,6 oder sogar 1,5 Prozent gesenkt wird. "Das wäre zwar keine sehr große Änderung, es würde der EZB aber angesichts der Schwere des externen Schocks von den Schwellenländern bei der Begründung einer weiteren Lockerung am 3. Dezember helfen", kalkuliert Schmieding.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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November 13, 2015 06:31 ET (11:31 GMT)
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