Digitale Vernetzung 15.03.2015 18:43:33

Deutsche Telekom und SAP wollen deutschen Standard für Industrie 4.0

Ziel ist es, gemeinsam Standards für die Digitalisierung und Vernetzung in der Industrie zu setzen. Damit werde die deutsche Industrie bei dem Zukunftsthema mit einer Stimme sprechen, so Deutsche Telekom-Vorstandsmitglied Reinhard Clemens am Sonntag auf der CeBIT in Hannover. Für die deutsche Industrie -- von den Großkonzernen bis für Wirtschaft und Arbeitsplätze wichtigen Mittelstand -- könnte die Initiative die Chance sein, bei dem wohl wichtigsten Zukunftsthema künftig nicht mehr außen vor zu bleiben.

   Das Konsortium aus dem Ex-Staatsunternehmen und dem weltweit führenden Anbieter von Geschäfts-Software ist offen für andere Partner, so Clemens. "Einfach, pragmatisch und schnell wollen wir De-Facto-Standards schaffen. Wir müssen uns nicht vor Standards aus den USA fürchten. Wir wollen, dass bei einem so wichtigen Thema Deutschlands Stimme auch gehört wird", sagte Clemens.

   Denn eigentlich hat Deutschland jede Menge Anlass, die sich abzeichnende Marktmacht der US-Unternehmen zu fürchten. In den USA arbeitet das Industrial Internet Consortium (IIC) unter der Führung von IT- und Softwaregrößen wie IBM und Cisco zusammen mit Industriegrößen wie General Electric an den Standards der Zukunft, die festlegen werden, wie Maschinen künftig miteinander kommunizieren werden. Aus Deutschland sitzen da zwar auch Größen wie Siemens oder der Autoteilezulieferer Bosch mit am Tisch, doch besonders der deutsche Mittelstand fürchtet, den Anschluss zu verpassen.

   Denn die dort festgelegten Standards ermöglichen eine einheitliche Vernetzung und einfachere Digitalisierung industrieller Prozesse, bislang ein Knackpunkt bei der sogenannten "Industrie 4.0". Mit diesem Schlagwort -- das die vierte industrielle Revolution nach der Digitalisierung der Industrie bezeichnet -- wird ein Zukunftsprojekt der deutschen Bundesregierung bezeichnet, mit dem die Fertigungstechnik durch die Möglichkeiten des Internets weiter vorangetrieben werden soll. Bis 2025 erwartet die Bundesregierung, dass allein den traditionellen deutschen Branchen wie dem Maschinenbau sowie der Auto- und Chemieindustrie ein zusätzliches Geschäftspotenzial von bis zu 78 Milliarden Euro durch das "Internet der Dinge" erwachsen soll.

   Natürlich wird das auch künftig keine deutsche Veranstaltung werden. Telekom-Vorstandsmitglied Clemens sagte auch, "dass es keinen deutschen Standard geben wird, weil Deutschland eine Exportnation ist." Auch Deutschland brauche einen international anerkannten Standard, es gehe aber darum, "deutsche Interessen bei dem Thema koordiniert zu vertreten." Denn nur wer bei der Festlegung der Standards früh die eigenen Prozesse und Lösungen mit einbringen kann, wird auch künftig im Konzert des weltweiten Handels mitspielen können.

   Clemens wurde darin bestätigt vom Chief Operating Officer von Microsoft für Deutschland, Klaus von Rottkay. Deutschland als Exportnation sollte lieber nach internationalen Lösungen streben als regionale Vereinbarungen voranzutreiben. Seiner Meinung nach müsse das IIC der Ort sein, an dem diese Vereinbarungen getroffen werden, sagte von Rottkay auf der CeBIT.

   Weltweite Standards sind auch wichtig beim Thema Big Data, der Analyse einer riesigen Menge von Daten. SAP ist mit seiner superschnellen Datenbank HANA da bereits im Boot, aber andere traditionelle Firmen droht der Rückschlag gegenüber Google, Microsoft und Apple. Nicht zuletzt deswegen kritisierte Telekom-Manager Clemens im Februar, dass Deutschland mit seiner Gründlichkeit dem pragmatisch und damit schneller vorgehenden IIC in den USA nur hinterherläuft. "Am Ende gewinnt so vielleicht nicht der Beste, sondern der Schnellste", kritisierte Clemens damals bei einer Veranstaltung des Bundeswirtschaftsministeriums.

   Jetzt will sich die Telekom selbst beim Thema Big Data stärker engagieren. In einem Pilotprojekt analysiert die Telekom anhand von Bewegungsdaten von Mobiltelefonen Verkehrsströme im Raum Nürnberg. Die Datenanalyse arbeitet mit anonymisierten und zu Gruppen zusammengefassten Mobilfunkdaten und habe auch den Segen der Bundesdatenschutz-Behörde erhalten, so Clemens.

   Die neue Analyseform liefere im Vergleich zu früheren Zählungen per Hand ein viel genaueres Bild, wie die Verkehrsströme in Nürnberg im Tagesverlauf flössen und welche Verkehrsmittel wie oft genutzt würden. Das werde allen Verkehrsteilnehmern Nutzen bringen: "Am Ende profitieren die Fahrgäste durch eine bessere Anbindung und optimierte Fahrpläne", sagte Clemens.

   DJG/apr/kgb

  Dow Jones Newswires

  Von Archibald Preuschat und Friedrich Geiger

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