Kompromisslos 09.06.2015 15:13:46

Schäuble: Griechenland hat alles selbst in der Hand

Die Entscheidung über die für einen Euro-Verbleib unerlässlichen Reformen liege allein bei Griechenland, sagte Schäuble beim Wirtschaftstag des Wirtschaftsrates der CDU in Berlin. "Ob Griechenland die schwere Last tragen will, die Anpassungsanstrengungen zu leisten, die ökonomisch, sozial und politisch unerlässlich sind, wenn man bei dieser Ausgangslage der Währungsunion angehören will, das ist eine Entscheidung der Griechen selber, von niemandem sonst", erklärte Schäuble. "Das habe ich 2010 gesagt, der Satz ist immer noch richtig."

   "Der Ball liegt in Griechenland", sagte Schäuble. "Griechenland hat es in der Hand zu entscheiden, ob sie wollen, ob sie können." Diese Frage sei nicht einfach. "Wir wollen Europa zusammenhalten, aber damit es zusammengehalten werden kann, muss jeder ein Stück weit seinen Beitrag leisten", betonte der Finanzminister aber.

   Bei der Veranstaltung der CDU-nahen Wirtschaftsvereinigung wies Schäuble zudem Berichte über ein Zerwürfnis zwischen ihm und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen der Haltung gegenüber Athen zurück. "Die Gerüchte sind so, dass man damit wirklich keine Zeit verschwenden sollte", sagte er. "Wir haben eine klare gemeinsame Haltung."

   Der finnische Finanzminister Alexander Stubb sagte bei dem Wirtschaftstag, die Euro-Länder würden alles ihnen Mögliche tun, um Griechenland im Euro zu halten. Aber es gebe einige Finanzminister, "deren Geduld ans Ende kommt", sagte der frühere Premierminister, der seit vorletzter Woche neuer Finanzminister seines Landes ist. Allerdings sei die Ansteckungsgefahr für den Fall eines griechischen Euro-Austritts "nicht so real wie noch vor einigen Jahren".

   Die Gläubiger Griechenlands erwägen nach Informationen aus Brüssel offenbar eine Verlängerung des Rettungsprogramms für das Land bis Ende März 2016. Allerdings gebe es Unstimmigkeiten über die daran geknüpften Bedingungen und hinsichtlich der Frage, wie es danach weitergehe, sagten drei mit den Verhandlungen vertraute Personen.

   An anderer Stelle hieß es, die griechische Regierung habe den internationalen Geldgebern neue Vorschläge für Reformen unterbreitet. Athen habe einen "Gegenvorschlag" zu den Forderungen der Gläubiger gemacht, hieß es am Dienstag aus EU-Kreisen. Dieser werde nun geprüft.

   Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hatte am Montagabend in Berlin eine schnelle Lösung der Schuldenkrise gefordert, um einen "Unfall" zu vermeiden. Beobachter befürchten, dass ein solcher in einer Insolvenz und einem Euro-Aus des Landes während der laufenden Verhandlungen bestehen könnte. Zuvor hatte Schäuble ein Gespräch mit Varoufakis geführt, dessen Atmosphäre von beiden Seiten im Anschluss als freundlich bezeichnet wurde.

   Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Dringlichkeit einer Lösung für den Schuldenstreit betont. "Ich kann nur sagen, jeder Tag zählt jetzt, um die notwendige Arbeit noch zu erledigen", sagte sie am Montag bei der Abschlusspressekonferenz des G7-Gipfels in Elmau. "Es ist nicht mehr viel Zeit - das ist das Problem."

   Die Zeit für Griechenland wird immer knapper, da das Land bis Ende Juni insgesamt gut 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen muss. Eine eigentlich bis zum 5. Juni fällige Zahlung von 300 Millionen Euro soll nun mit den anderen Zahlungen bis Monatsende gebündelt werden.

   Ende Juni läuft das bereits zwei Mal verlängerte Hilfsprogramm für Griechenland aus. Die Kreditgeber stellen aber Forderungen, die Athen für die Auszahlung der letzten Tranche von 7,2 Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfspaket erfüllen muss und ohne die das Land wohl spätestens im Juli zahlungsunfähig wäre.

   Unterdessen sind die Rufe nach einer harten Haltung gegenüber Griechenland angesichts der als wenig kompromissbereit angesehenen griechischen Haltung in Teilen der deutschen Politik lauter geworden. Sie gehen bis hin zu der Forderung nach einem Ausscheiden Athens aus dem Euro.

   (Mitarbeit: Gabriele Steinhauser, mit Material von AFP)

      DJG/ank/raz

   Dow Jones Newswires

  Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)

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