10.06.2014 14:56:30

UPDATE: NPD-Klagen zu Bundespräsidentenwahlen und Gauck-Äußerung erfolglos

   (Neu: mehr Details, Klage gegen Bundespräsidentenwahl)

   KARLSRUHE (AFP)--Die NPD ist mit zwei Klagen zu den Äußerungsrechten des Bundespräsidenten und dem Verfahren zu seiner Wahl vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Der Bundespräsident hat demnach eine große Redefreiheit und darf sich auch negativ über extreme Parteien äußern, wie aus einem der beiden am Dienstag in Karlsruhe verkündeten Urteile hervorgeht. Demnach durfte Amtsinhaber Joachim Gauck NPD-Anhänger öffentlich als "Spinner" bezeichnen. (Az. 2 BvE 4/13)

   In dem zweiten Urteil entschied das Gericht, dass die Wahlen der Gauck-Vorgänger Horst Köhler und Christian Wulff zu Bundespräsidenten in den Jahren 2009 und 2010 korrekt abgelaufen sind und den Delegierten der Bundesversammlung bei solchen Wahlen kein Rede- oder Antragsrecht zusteht. (Az. 2 BvE 2/09 und 2 BvE 2/20)

   Das Bundesverfassungsgericht betrat mit den Entscheidungen verfassungsrechtliches Neuland, da die Rechte von Delegierten bei der Wahl eines Bundespräsidenten und dessen Äußerungsrechte nicht klar geregelt sind.

   Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle verwies darauf, dass der Bundespräsident "die Einheit des Staates" verkörpere und die Würde und Autorität seines Amtes vor allem auf "geistig-moralische Wirkung angelegt" sei. Seine Wahl sei ein gewollter "demokratisch veredelter Rückgriff auf das Erbe der konstitutionellen Monarchie". Er sei vom Verfassungsgeber so gewollt gewesen und habe Deutschland "letztlich gut getan".

   Der Stellung des Bundespräsidenten entspricht laut Urteil das Wahlverfahren: Weil es in seinen Abläufen auch die besondere Würde des Amtes unterstreichen soll, sei eine Debatte über oder mit den Kandidaten ausgeschlossen. Die Delegierten haben insoweit auch keine Rede- oder Antragsrechte wie Bundestagsabgeordnete. Dies hatte die NPD unter anderem für die Vorstellung ihres Kandidaten gefordert.

   Im zweiten Verfahren urteilten die Richter, dass ein Bundespräsident "selbst entscheidet", wie er seine Repräsentations- und Integrationsaufgaben erfüllt.

   Anlass war eine Äußerung Gaucks im August 2013. Er hatte während des damaligen Bundestagswahlkampfs in Hinblick auf ausländerfeindliche Proteste von NPD-Anhängern gegen ein Asylbewerberheim in Berlin vor Schülern gesagt: "Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen."

   Damit verletzte Gauck laut Urteil jedoch nicht die Rechte der NPD auf Wahrung der Chancengleichheit im Wahlkampf: Der Bundespräsident könne den Erwartungen an sein Amt nur gerecht werden, wenn er "auf gesellschaftliche Entwicklungen" eingehen könne und bei der Wahl der "angemessen Kommunikationsform" frei sei.

   Zudem brauche der Bundespräsident "keine besondere gesetzliche Ermächtigung", um auf Gefahren hinzuweisen oder deren Verursacher zu benennen. Deshalb hätten Gerichte auch nicht zu überprüfen, ob sich der Bundespräsident bei seinen Äußerungen am Leitbild eines "neutralen Bundespräsidenten" orientiere.

   Allerdings müsse auch ein Bundespräsident das Recht politischer Parteien auf Chancengleichheit beachten, betonten die Richter. Es sei aber ausreichend, seine Äußerungen daraufhin zu überprüfen, ob er mit ihnen "willkürlich Partei ergreift".

   Zwar kann dem Gericht zufolge die Verwendung des Wortes "Spinner" isoliert betrachtet diffamierend sein. Gauck habe es aber als Sammelbegriff für Menschen benutzt, "die die Geschichte nicht verstanden haben und, unbeeindruckt von den verheerenden Folgen des Nationalsozialismus, rechtsradikale Überzeugungen vertreten".

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/smh

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   June 10, 2014 08:53 ET (12:53 GMT)- - 08 53 AM EDT 06-10-14

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