31.03.2014 15:12:32
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IWF sieht sehr große Finanzvorteile bei Eurozone-Großbanken
Von Hans Bentzien
Systemisch wichtige Banken im Euroraum hatten nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) im vergangenen Jahr einen Finanzierungsvorteil gegenüber kleineren Instituten von 60 bis 90 Basispunkten. Für die Jahre 2011 und 2012 hat der IWF in seinem aktuellen Finanzstabilitätsbericht einen geldwerten Vorteil von bis zu 300 Milliarden Euro ausgerechnet. Damit liegt der Euroraum weltweit an der Spitze. Höhere Kapitalzuschläge für Großbanken lassen sich damit aber kaum begründen.
Der IWF analysiert das Problem so: Kreditgeber verlangen von systemisch wichtigen Banken weniger Zinsen. Sie unterstellen nämlich, dass diese Banken im Zweifelsfall vom Steuerzahler gerettet werden. Deshalb schauen sie nicht so genau darauf, welche Risiken diese Institute übernehmen. Die Banken können die billige Finanzierung dazu nutzen, ihre Verschuldung zu erhöhen und riskantere Geschäfte einzugehen. Sie können außerdem schneller wachsen, als das angesichts der zu erwartenden Skaleneffekte eigentlich gerechtfertigt wäre.
Für die auch im globalem Maßstab systemisch wichtigen Institute, die im Euroraum beheimatet sind, hat der IWF einen Kostenvorteil von 60 bis 90 Basispunkten ausgerechnet. Britische Großbanken konnten 2013 demnach mit Zinsabschlägen von 20 bis 60 Basispunkten rechnen und japanische mit 25 bis 60. Am geringsten sind die Kostenvorteile demnach für US-Banken, die nur auf 15 Basispunkte kommen. Eine Studie der New York Fed hatte den Zinsvorteil kürzlich auf 30 Basispunkte beziffert.
Was nicht besonders dramatisch klingt - 60 Basispunkte sind nur 0,6 Prozentpunkte - addiert sich angesichts der riesigen Kreditsummen der Banken auf beeindruckende Summen: In den Jahren 2011 und 2012 haben die Eurozone-Großbanken laut IWF Kostenvorteile zwischen 90 und 300 Milliarden Euro gehabt. Die große Spanne erklärt sich dadurch, dass der IWF zwei unterschiedliche Berechnungsmodelle verwendet hat:
Das eine basiert auf der Differenz zwischen tatsächlichen und angemessenen Spreads von Kreditversicherungen (CDS), das andere auf den detaillierten Aussagen von Ratingagenturen zur unterstellten Staatsgarantie. Für die US-Großbanken errechnet der IWF einen Kostenvorteil von 15 bis 70 Milliarden US-Dollar in den USA, für Japan 25 bis 110 Milliarden Dollar und für Großbritannien 20 bis 110 Milliarden Dollar.
Laut IWF sind die geschätzten staatlichen "Subventionen" ein gutes Maß dafür, wie hoch die Kapitalzuschläge ausfallen müssten, um den Finanzierungsvorteil der Großbanken zu beseitigen und die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass Großbanken größere Probleme verursachen.
Ein weiterer Weg wäre laut IWF, einen Abwicklungsfonds über 30 Jahre von den Banken füllen zu lassen. Der Beitrag der Großbanken müsste - unter der Annahme, dass keine anderen Reformen stattfinden - bei 15 bis 30 Basispunkten ihrer Nettoverbindlichkeiten liegen. Diese Berechnung beruht auf der Wahrnehmung, dass statistisch gesehen alle 30 Jahre eine Finanzkrise stattfindet.
Die in Washington ansässige Organisation rät den Aufsichtsbehörden vor diesem Hintergrund, die Eigenkapitalrichtlinie Basel III vollständig zu implementieren, sowie Aufsichts- und Abwicklungsregimes international zu koordinieren. Als mögliche weitere Maßnahmen nennt sie zusätzliche Kapitalpuffer, Verlustrückstellungen oder Bankabgaben.
Basel III sieht vor, die global tätigen und systemisch wichtigen Banken ab 2016 mit zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen von bis zu 2,5 Prozentpunkten zu belegen. Lässt sich mit den oben aufgeführten Kostenvorteilen ein noch höherer Zuschlag begründen?
Sikandar Siddiqui, Regulierungsexperte an der Frankfurt School of Finance & Management, findet das nicht: "Ein Kostenvorteil zwischen 60 und 90 Basispunkten lässt den für global tätige, systemisch wichtige Banken vorgesehenen Eigenkapitalzuschlag von 2,5 Prozentpunkten unter Vorsichtsgesichtspunkten angemessen, nicht aber - wie mitunter befürchtet - zu niedrig erscheinen", sagt er.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com
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