27.05.2014 15:57:48
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Heftige Gefechte in Ukraine - OSZE verliert Kontakt zu Beobachtern
KIEW/BERLIN (dpa-AFX) - In der zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten umkämpften Ostukraine bleibt die Lage auch nach der Präsidentenwahl brandgefährlich. Seit Montagabend ist die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ohne Kontakt zu einem Team der Beobachtermission. Die vier Mitglieder der Gruppe seien zuletzt auf einer routinemäßigen Patrouillenfahrt bei Donezk gewesen, teilte die OSZE am Dienstag in Wien mit. Bisher sei es nicht gelungen, die Kommunikation wiederherzustellen.
Die ukrainische Regierung sowie die regionalen Behörden seien über die Situation informiert, berichtete die OSZE weiter. Ende April waren internationale Militärbeobachter, darunter vier Deutsche, von Separatisten in Slawjansk tagelang als Geiseln festgehalten worden.
Der Flughafen der Millionenstadt Donezk wurde nach Angaben der Regierung in Kiew nach heftigen Gefechten mit prorussischen Aufständischen zurückerobert. Im benachbarten Gebiet Lugansk sei ein Ausbildungslager der "Terroristen" mit einem Luftangriff zerstört worden, teilte der ukrainische Innenminister Arsen Awakow mit.
Donezk wird von militanten prorussischen Kräften geführt, die die Kiewer Regierung nicht anerkennen. Bürgermeister Alexander Lukjantschenko sprach von mindestens 40 Toten bei Gefechten in der Stadt, darunter 2 Zivilisten.
Der neue prowestliche Präsident Petro Poroschenko hatte gleich nach seiner Wahl am Sonntag eine Verschärfung der "Anti-Terror-Operation" gegen die Separatisten angekündigt. Gleichzeitig bot er einen Dialog mit Moskau an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte dem Unternehmer Poroschenko telefonisch zu seinem Wahlsieg. In dem Gespräch habe sie das Ergebnis der Wahl als klares Bekenntnis zur Einheit des Landes gewertet, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag in Berlin. Beide seien sich einig gewesen, dass es nun vor allem darum gehe, die Versöhnung weiter voranzutreiben,
Der russische Außenminister Sergej Lawrow rief die Ukraine dazu auf, den Militäreinsatz gegen die Bevölkerung im Osten sofort zu beenden. Die Gewalt müsse nach dem Wahlsieg Poroschenkos umgehend aufhören, forderte Lawrow.
Im Gas-Streit zwischen Russland und der Ukraine sind die Positionen weiter verhärtet. Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk warf Moskau eine "unkonstruktive Haltung" vor und drohte mit einer Klage beim Internationalen Schiedsgerichtshof.
Bei Krisen-Gesprächen unter Vermittlung von EU-Energiekommissar Günther Oettinger in Berlin hatte es am Montag keine Einigung gegeben.
Russland will erst über mögliche Rabatte verhandeln, wenn die Ukraine einen Teil ihrer Schulden von inzwischen 3,5 Milliarden US-Dollar begleicht. Kiew soll das Geld bis Ende der Woche überweisen. Ansonsten will Gazprom (Gazprom (Spons ADRs)) von kommender Woche an nur noch gegen Vorkasse liefern. Die Ukraine ist ein wichtigstes Transitland für Gaslieferungen in die EU.
Aus Sicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) muss der Gasstreit deutschen Verbrauchern noch kein Kopfzerbrechen bereiten. Wie viele westeuropäische Staaten kann die Bundesrepublik einen möglichen Stopp russischer Erdgaslieferungen durch die Ukraine verkraften, hieß es in einer Studie im Auftrag der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Es gebe ausreichend Reserven und Lieferwege um die Ukraine herum.
"Wir können relativ entspannt sein", sagte DIW-Ökonomin Claudia Kemfert. Durch die Nord-Stream-Pipeline durch die Ostsee fließe russisches Erdgas direkt nach Deutschland, durch die Jamal-Pipeline aus Weißrussland außerdem über Polen. Ein Viertel des deutschen Jahresverbrauchs lagere in Speichern.
Nach DIHK-Schätzung kostet die Ukraine-Krise mit Exportausfällen nach Russland die deutsche Wirtschaft mindestens fünf Milliarden Euro an Umsatz. Die Ausfuhren nach Russland und in die Ukraine würden geschätzt um jeweils zehn Prozent schrumpfen, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, in Berlin. Diesen Dämpfer dürfte Export-Vizeweltmeister Deutschland bei Gesamtausfuhren von gut einer Billion Euro aber leicht wegstecken./mau/bvi/ast/mrd/DP/enl
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