Weiter in der Krise |
03.12.2013 07:01:31
|
ThyssenKrupp startet Kapitalerhöhung
Die Kapitalerhöhung kommt mit Ansage: ThyssenKrupp hatte schon in der Nacht zu Samstag angekündigt, neue Aktien in dem nun bestätigten Umfang von bis zu zehn Prozent des gezeichneten Kapitals ausgeben zu wollen. Konzernchef Heinrich Hiesinger und Finanzvorstand Guido Kerkhoff lehnten am Wochenende allerdings jede Einschätzung zum Zeitplan ab. Hiesinger sagte während der vorgezogenen Bilanzpressekonferenz am Samstag lediglich, der Konzern wolle die "Durchführung in Abhängigkeit von den Kapitalmarktbedingungen" entscheiden.
Vor dem Hintergrund überrascht die schnelle Umsetzung der Pläne: Die ThyssenKrupp-Aktie hat am Montag rund 8,5 Prozent ihres Werts verloren. Zuvor hatte der Konzern zwar eine Einigung über den Verkauf seines US-Stahlwerks bekannt gegeben. Die Produktionsstätte geht für 1,55 Milliarden Dollar an die Konkurrenten ArcelorMittal und Nippon Steel. ThyssenKrupp bleibt aber einstweilen auf dem Problem-Stahlwerk in Brasilien sitzen. Zudem muss der Konzern den vor einem Jahr schon als Erfolg verbuchten Verkauf seines Edelstahlgeschäfts teilweise rückabwickeln. Das ist mit Abschreibungen von mehreren 100 Millionen Euro verbunden.
Vor allem angesichts der Ausgaben für die verlustreichen Stahlwerke in Amerika ist ThyssenKrupp hoch verschuldet. Für die Anlagen, die zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres nur noch mit 3,1 Milliarden Euro in den Büchern standen, hat der Konzern nach eigenen Angaben bislang rund 13 Milliarden Euro ausgegeben. Ende September drückten ThyssenKrupp Netto-Finanzverbindlichkeiten von 5,04 Milliarden Euro. Die Schulden waren damit doppelt so hoch wie das Eigenkapital.
Mit der Kapitalerhöhung will ThyssenKrupp nach den Angaben von Montag denn auch das Eigenkapital stärken und die Schulden reduzieren. Der Schritt werde sich "positiv auf Gearing und Eigenkapitalquote auswirken", teilte der Konzern mit. Die Aktienemission unterstütze ThyssenKrupp "auf dem Weg der strategischen Weiterentwicklung zu einem diversifizierten Industriekonzern".
Vor dem Hintergrund von ThyssenKrupps knappen Finanzen hatten Analysten schon seit einiger Zeit mit einer Kapitalerhöhung gerechnet. Konzernchef Hiesinger bezeichnete den Schritt zum ersten Mal im Mai als Möglichkeit. Nun setzt er die Kapitalmaßnahme mit der Aktienausgabe in einem beschleunigten Platzierungsverfahren, prospektfrei und unter Ausschluss des Bezugsrechts für die Aktionäre um. Mit der Abwicklung der Transaktion hat ThyssenKrupp nach eigenen Angaben die Commerzbank und J.P. Morgan beauftragt. Über den erzielten Preis für die Papiere will der Konzern "im Anschluss an die Preisfestsetzung" informieren, wie es in der Mitteilung von Montagabend heißt.
Die neuen Aktien sollen an "institutionelle deutsche und internationale Investoren" gehen. Ein Sprecher des Unternehmens hatte am Montag wenige Stunden vor Bekanntgabe der Kapitalerhöhung eine frühere Aussage wiederholt, nach der Cevian "nicht ausschließt", sich an einer Kapitalmaßnahme bei ThyssenKrupp zu beteiligen. Cevian hatte im September seinen Anteil an dem Industriekonzern auf zunächst 5,2 Prozent und später auf 6,1 Prozent aufgestockt. Die Investmentgesellschaft ist damit zum zweitgrößten Aktionär bei ThyssenKrupp aufgestiegen.
Mehr ThyssenKrupp-Aktien besitzt nur die Krupp-Stiftung. Sie hält 25,33 Prozent an dem Konzern und damit eine Sperrminorität. Beobachter warten deshalb mit Spannung darauf, wie sich die Stiftung in der nun vorgesehenen Kapitalerhöhung verhält. Sollte die Organisation keine neuen Aktien zeichnen, würde ihr Anteil bei einer Erhöhung des Grundkapitals um 10 Prozent auf rund 23 Prozent zusammenschrumpfen. Die Krupp-Stiftung verlöre damit ihre Sperrminorität.
Eine Sprecherin der Stiftung hatte am Montagnachmittag vor Ankündigung der Kapitalerhöhung keine Angaben zum Verhalten der Organisation machen wollen. Im Oktober hatte es die neu gewählte Kuratoriumsvorsitzende Ursula Gather vor Journalisten allerdings als Möglichkeit bezeichnet, dass sich die Stiftung an einer Kapitalerhöhung beteiligt. "Es kann wichtig sein, den Anteil zu halten", sagte sie damals. Die Krupp-Stiftung soll nach dem Willen ihres Gründers Alfried Krupp von Bohlen und Halbach "darauf achten, dass die Einheit (von ThyssenKrupp) möglichst gewahrt und seine weitere Entwicklung gefördert wird".
DJG/hev/mgo/kla
(END) Dow Jones Newswires
Von Hendrik Varnholt
![](https://images.finanzen.at/images/unsortiert/wertpapierdepot-absichern-aktienchart-boerse-750493204-260.jpg)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links:
Nachrichten zu ArcelorMittal S.A.mehr Nachrichten
Analysen zu ArcelorMittal S.A.mehr Analysen
Aktien in diesem Artikel
JPMorgan Chase & Co. | 267,55 | 0,58% |
|
Nippon Steel & Sumitomo Metal Corporation | 21,42 | 6,28% |
|
thyssenkrupp AG | 4,57 | -1,34% |
|