16.10.2014 11:32:30

ThyssenKrupp kann noch auf U-Boot-Auftrag aus Australien hoffen

   Von Rob Taylor

   Die ThyssenKrupp Marine Systems kann Japan offenbar noch einen sicher geglaubten milliardenschweren U-Boot-Auftrag der australischen Regierung wegschnappen. Die ThyssenKrupp-Tochter erklärte, der australische Verteidigungsminister David Johnston und ein hochrangiges Militärmitglied hätten versichert, dass der Auftrag zur Lieferung von bis zu 12 Unterseebooten noch nicht endgültig vergeben worden sei. Der Auftrag hat ein Volumen von 20 Milliarden australische Dollar, das sind umgerechnet 14,17 Milliarden Euro.

   Eine Delegation von ThyssenKrupp Marine Systems besucht derzeit die australische Hauptstadt Canberra, während sich David Johnston zu Gesprächen in Japan aufhält. Die Australier sollen sich für die U-Boote der japanischen Soryu-Klasse interessieren. Das australische Verteidigungsministerium wollte zum Reisezweck von David Johnston keinen Kommentar abgeben.

   "Wir glauben ihm", sagte Dieter Rottsieper, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung von ThyssenKrupp Marine Systems in einem Gespräch mit dem Wall Street Journal. "Wir denken, dass es für die Regierung von Australien keine einfache Entscheidung ist", so Rottsieper weiter. Seinem Kenntnisstand nach, wolle die australische Behörde, die für den Ankauf von Militärtechnik verantwortlich ist, einen "Wettbewerbsprozess" in der Sache gewährleisten.

   U-Boote gelten derzeit als das Herzstück bei dem neuen Rüstungswettlauf in Asien. Die asiatischen Länder versuchen sich damit gegen die Durchsetzung der Gebietsbeanspruchung der Chinesen im Ost- und Südchinesischen Meer zu wappnen. China stockt in diesem Jahr seine Rüstungsausgaben auf umgerechnet 104 Milliarden Euro auf. Die anderen Länder wie Indonesien, Indien, Malaysia, Vietnam und Singapur drängen derzeit danach, ihre eigenen U-Boot-Flotten aufzurüsten oder zu ersetzen. Auch Australien will seine eigenen alten Boote ausmustern. Die Royal Australian Navy hat derzeit sechs U-Boote der Collins-Klasse im Einsatz.

   Seit dem Besuch des japanischen Premierministers Shinzo Abe im Juli in der australischen Hauptstadt halten sich die Spekulationen, dass Australien zehn U-Boote der Soryu-Klasse kaufen will. Die Gerüchte werden dadurch angeheizt, dass Japan und Australien im Sommer ein bilaterales Sicherheitsabkommen unterschrieben haben. Sollte Japan dann wirklich diese U-Boote an Australien verkaufen, dann bietet Japan nach Jahrzehnten freiwilligen Waffenexportverbots am Weltmarkt wieder Militärtechnik an.

   Die U-Boote der Soryu-Klasse werden von Mitsubishi Heavy Industries und der Kawasaki Shipbuilding Corporation gebaut. Mit einer Wasserverdrängung von 4.200 Tonnen, einer Länge von 84 Metern und einer Breite von neun Metern sind die Soryu-Boote nach Aussage von Experten insgesamt größer als französische oder deutsche U-Boote. Jedes Soryu-Boot verfügt über zwei dieselelektrische Kawasaki-Motoren sowie vier luftunabhängig arbeitende Kockums-Stirling-Motoren. Diese U-Boote können fast zwei Wochen lang getaucht fahren. Zudem sollen die Boote eine besonders hohe Zuladung an verschiedensten Waffen haben.

   Die Deutschen bieten ein Konkurrenzprodukt mit der HDW Klasse 216 an. Das U-Boot verfügt laut ThyssenKrupp Marine Systems über eine Länge von 90 Metern und soll auf eine Wasserverdrängung von 4.000 Tonnen kommen. Das U-Boot soll zudem schneller sein als die Soryu und somit den Anforderungen der Australier, eine große territoriale Meeresfläche abdecken zu müssen, besser entsprechen. ThyssenKrupp Marine Systems erklärte, das erste Untersee-Boot der Klasse 216 könnte innerhalb einer Dekade vom Stapel laufen. Die U-Boote der Deutschen sollen dabei günstiger sein als die der Japaner. Zum Preis von 14,17 Milliarden Euro könnten dann auch 12 Schiffe geliefert werden.

   Jim Duncan, Director von ThyssenKrupp Marine Systems Australia, zeigt sich zuversichtlich. "Ich denke, dass die Regierung nur phasenweise den Blick auf Japan richtet", sagte er und fügte an, er glaube nicht, dass es dort schon etwas Konkretes gebe. Wenn es einen gangbaren Weg gebe, dann werde er wohl in der Konkurrenz mit anderen Anbietern münden, so Jim Duncan. Er sagte weiter, ThyssenKrupp Marine Systems rechne damit, dass ein offenes Ausschreibungsverfahren in der Sache stattfinden werde.

   Ein weiterer Konkurrent ist unter anderem dann die französische DCNS. Das Unternehmen gehört mehrheitlich dem französischen Staat, 35 Prozent besitzt der Thales-Konzern. DCNS bietet die U-Boote der Scorpene-Klasse, die derzeit Malaysia im Einsatz hat.

   Nach Aussage informierter Personen sollen einige im australischen Verteidigungsministerium dem deutschen Design den Vorzug geben. Die U-Boote sind eine Weiterentwicklung und basieren auf dem bewährten Modell-Typ-214, der von der Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) entwickelt wurde. Allerdings bevorzuge der australische Premierminister Tony Abbott die japanischen U-Boote, denn so könnte das bilaterale Sicherheitsabkommen fester zementiert werden.

   Allerdings gibt es auch Störfeuer direkt aus Australien. Einige Regierungsmitglieder plädieren dafür, dass die neue U-Boot-Flotte zwecks der Absicherung der Werftenauslastung in Australien gebaut wird. So soll auch der Erhalt von Arbeitsplätzen in der Schiffbauindustrie gesichert werden. Premierminister Abbott erklärte aber, sein Land soll nicht die Nationale Sicherheit für Arbeitsplätze aufs Spiel setzen. Es ist sei wichtig, dass sich Australien die beste U-Boot-Flotte zum besten Preis beschaffe, auch wenn das bedeute, dass die Boote dann im Ausland gebaut werden.

   Dieter Rottsieper sagte, ThyssenKrupp Marine Systems produziere in verschiedenen Ländern und schaffe so auch lokale Arbeitsplätze. Beispielsweise wird das U-Boot der Klasse 214 bei HDW in Kiel sowie von Werften in Südkorea, Griechenland und der Türkei gebaut. ThyssenKrupp Marine Systems hat unter anderem U-Boote an Israel oder Südkorea geliefert.

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