23.06.2015 10:11:45
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Syriza-Mitglieder warnen Tsipras vor faulem Kompromiss
Von Charles Forelle
ATHEN (Dow Jones)-- Um einen Zahlungsausfall und möglichen Euro-Ausstieg abzuwenden, muss Griechenlands Premier Alexis Tsipras die deutsche Kanzlerin Angela Merkel von seinen Finanzplänen überzeugen. Doch anschließend hätte er noch Vassilis Chatzilamprou auf seine Seite zu ziehen. Der Abgeordnete von Tsipras' radikal linker Partei Syriza ist nach eigener Aussage aber nicht in der Stimmung, sich einem Machtwort zu beugen. "Wir können keine strikten rezessionären Maßnahmen akzeptieren", warnte Chatzilamprou erst jüngst auf einer Veranstaltung der extremen Linken. "Die Menschen haben ihre Grenzen erreicht."
Syriza ist keine traditionelle Partei, sondern eine Koalition aus mehreren linksorientierten Gruppen, die sich wegen abweichender ideologischer Meinungen von anderen Linksparteien absplitterten. Diese viele Splitterfraktionen in seiner eigenen Partei müsste Tsipras noch von einem potenziellen Rettungs- und Sparprogramm der internationalen Geldgeber überzeugen. Chatzilamprou beispielsweise ist Mitglied einer kommunistischen Organisation in Griechenland, die aus einer marxistisch-leninistischen Organisation hervorging.
Diese ungewöhnliche Zusammensetzung erschwert es Tsipras, mit Euro-Vetretern und Offiziellen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu einer Einigung zu gelangen. "Die Menschen, die mit den Geldgebern verhandeln, bewegen sich in einem Rahmen, der ihnen vom Zentralkomitee der Partei vorgegeben ist", erläutert der langjährige Gewerkschaftsvertreter Alekos Kalyvis. Die Verhandlungsführer hätten einige Spielräume für Entscheidungen. "Aber das darf nicht so interpretiert werden, als dass sie einen Blankoscheck von der Partei bekommen - weder sie noch Tsipras haben den."
Viele der Syriza-Gruppierungen sehen den Aufstieg ihrer Partei als epochalen Moment für die Linke des Landes an. Jeglicher Kompromiss bei dem Rettungsprogramm wäre ein Verrat an deren Prinzipien. Deutschland und die anderen Gebernationen seien darauf gepolt, Syriza zu besiegen, mutmaßt der Syriza-Abgeordnete Stathis Leoutsakos. Die Botschaft sei, dass es keine vom Mainstream abweichende Meinung oder Politik in der Eurozone geben dürfe.
Weiterhin unklar und wohl Tsipras' größte Sorge ist, wie weit Syriza für ein Rettungspaket gehen würde. "Eine Trennung ist nicht ein solches Synonym für 'Katastrophe', als das sie präsentiert wird", gibt der einstige Metallarbeiter Leoutsakos zu bedenken.
Völlig offen ist, wo die Schmerzgrenze für den linken Flügel von Syriza liegt. Das gebetsmühlenartig wiederholte Argument der Partei, dass die Sparanstrengungen mit tiefen Budgeteinschnitten und Steuererhöhungen die Krise in Griechenland verschärft hätten, war die ganze Zeit über Treibstoff für den Erfolg von Syriza. Die meisten Vertreter des linken Parteiflügels lehnen jegliche zusätzliche Einschnitte bei Pensionen und Gehältern rundherum ab. Griechische Arbeitnehmer hätten in den Jahren der schweren Wirtschaftskrise seit dem ersten Rettungsprogramm genug gelitten.
Leoutsakos besteht - wie viele andere Radikallinke auch - darauf, dass zumindest ein Teil von Griechenlands Schulden erlassen werden muss. "Um diese Kredite zu bedienen, müssten wir das griechische Volk exekutieren."
Unsicher ist sogar Tsipras' Zukunft als Premierminister, falls er einem Kompromiss zustimmt. Jeder griechische Politiker ist sich des Schicksals der früheren griechischen Premierminister George Papandreou und Antonis Samaras nur zu bewusst. Beide unterzeichneten mit dem Rest Europas Rettungsabkommen - und verloren ihre Posten. Papandreous Partei wurde in der Folge an der Wahlurne praktisch ausgelöscht.
Seine linken Prinzipien aufzugeben wäre politischer Selbstmord für Tsipras, warnt Chatzilamprou. "Er würde damit auch austauschbar. Jederzeit ließe er sich durch jemand anders ersetzen." Für Tsipras geht es um alles. Das meint auch der selbstständige Heizungs- und Klimaanlageninstallateur Periklis Koumpouris, der sich letztlich zu einem weiteren schmerzhaften Rettungsprogramm für sein Land durchringen könnte. Falls es eines gäbe, käme die Parteispitze um einen politischen Preis nicht herum. "Das würde wahrscheinlich bedeuten, dass über kurz oder lang Syriza von der Bildfläche verschwindet."
(Mitarbeit: Apostolis Fotiadis)
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