25.09.2015 11:10:00
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Stromkunde soll künftig mehr Preissignale erhalten
"Wenn man Knappheiten in die Preissignale hineinnimmt, könnten die Preise womöglich auch bei den Pumpspeichern viel höher sein", meinte Staschus am Freitag: "Wir wollen, dass sich die volle Volatilität der Erzeugung voll in den Preisen niederschlägt." Einflüsse auf Preise könnten neben der fluktuierenden Stromerzeugung aus Erneuerbaren auch von höheren CO2-Preisen kommen, die - so hofft der ENTSOE-E-Generalsekretär - ein Ergebnis des Pariser Klimagipfels Ende 2015 sein könnten.
Zur Frage einer möglichen Teilung der gemeinsamen Stromhandels- bzw. Strompreis-Zone Deutschland/Österreich, wie sie die Vereinigung der europäischen Energieregulierer ACER Mitte dieser Woche empfohlen hat, hielt sich Staschus inhaltlich bedeckt. Er verwies auf eine noch bis 2016 laufende Detailstudie, die sieben verschiedene Szenarien zu den Strommärkten in Europa untersucht. Dabei prüfe man auch Annahmen, dass etwa Deutschland, Frankreich oder Polen in mehrere Zonen zerfallen könnten oder dass Niederlande-Belgien oder Tschechien-Slowakei zu einem Markt werden könnten.
Dass es im Gebälk der Stromversorgung in Europa immer wieder knirscht, hat sich erst diesen Donnerstag wieder gezeigt, als Belgien - wegen des Ausfalls eines weiteren Atomkraftwerks - plötzlich extremen Strommangel hatte, sodass die Strompreise dort, wie Staschus sagte, auf bis zu 450 Euro pro Megawattstunden (MWh) hochschossen, fast das 15-Fache des sonst üblichen mitteleuropäischen Preisniveaus. Grund für den massiven Preisanstieg sei gewesen, dass nicht genug Strom aus Frankreich und den Niederlanden nach Belgien gelangt sei, das zeige die Wichtigkeit einer Marktkoppelung.
Österreich hat am Donnerstag wegen des Strommangels im Norden alle seine Leistungsreserven mobilisiert und wegen der Belgien-Ereignisse insgesamt 3.700 MW Leistung voll laufen lassen, berichtete Gerhard Christiner, technischer Vorstandsdirektor des österreichischen Übertragungsnetzbetreibers APG. Das seien jeweils beide Blöcke in Mellach, Wien-Donaustadt und Wien-Simmering gewesen sowie auch Timelkam. Mit Leistung dagegenhalten habe man - auf ausländisches Ersuchen -, da norddeutsche Braunkohlewerke zwar auch voll gelaufen sein, aber etwa der Strom aus den Anlagen von Lausitz in Brandenburg ins nahe Polen abgeflossen sei. "Wir wurden angerufen und gefragt, ob wir dagegen halten können. Daraufhin fuhren wir 3.000 MW Leistung hoch", sagte Christiner. Das Land, das um solche Leistungen zur Systemstabilisierung ersucht, muss die Hälfte der Kosten tragen, den Rest teilen die TSO solidarisch auf.
Allein die Unterstützungsmaßnahmen von Donnerstag dürften bei uns Kosten von circa einer Million Euro verursacht haben, schätzt der Vorstandsdirektor der Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG). Heuer sei für Engpassmanagement in Österreich bisher schon mehr als 100 Mio. Euro ausgegeben worden. Zahlen müssten einen Großteil davon Deutschland und Polen, die besonders häufig Leistung anfordern. In Deutschland selbst verlaufe die Engpass-Linie entlang der Nordgrenze Bayerns, "das wissen alle", so Christiner im Gespräch mit Journalisten.
ENTSO-E-Generalsekretär Staschus meinte zur Debatte um die deutsch-österreichische Stromhandelszone, dass man sich schon fragen müsse, ob denn Änderungen einer Preiszone nur alle zehn Jahre stattfinden dürften oder nicht womöglich öfter bzw. für kürzere Zeit. "Man muss simulieren, was bringt es den Kunden und wie viel Aufwand ist für andere nötig."
Grundlage des Marktes müssten jedenfalls Preise sein, die die tatsächlichen Knappheiten widerspiegeln: "Letztlich sollten alle Kunden, bis hin zu den Haushalten, solche Signale erhalten - und sei es auch nur indirekt über die Energieversorger." Auch sollte durch Intraday-Plattformen der Strommarkt künftig europaweit durch sehr kurzfristiges Reagieren all das schneller Auffangen, was derzeit die Übertragungsnetzbetreiber (TSO) ausgleichen müssten.
ENTSO-E sei dabei, ihre Leistungsbilanzvorschauen noch feinteiliger zu machen, um nicht nur zu zeigen, welche Leitungen in Europa es in zehn oder 15 Jahren gebe, sondern auch ob die Leistung dann binnen weniger Stunden ausreichend flexibel sei. "Das ist dann die Grundlage für die Entscheidung von Staaten, ob Kapazitätsmärkte nötig sind oder nicht." Denn manchmal könnten sich Kapazitätsmärkte negativ auf den Wettbewerb auswirken. Kapazitätsmechanismen seien der Versuch, Hedging-Instrumente einzubauen, doch wäre es gut, wenn in einigen Jahren solche staatlichen Eingriffe nicht mehr nötig seien. Für kleinere Marktteilnehmer seien Hedging-Produkte nötig, um sie vor außergewöhnlich hohen Preisen zu schützen.
Der Klimaschutz brauche Strom aus Erneuerbaren, dafür sei aber europaweit ein Ausgleich über die Netz und Speicher nötig, so Staschus. Zudem sei ein Markt nötig, der die Stromnutzung und die Kraftwerke steuere.
(Schluss) sp/itz
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