Jegliche Gespräche vertagt 02.07.2015 06:33:45

Streit von Griechenland und Gläubigern bleibt festgefahren

Der griechische Regierungschef Alexis Tspiras rief am Mittwoch seine Landsleute erneut dazu auf, bei der Volksabstimmung am Sonntag die Auflagen der Gläubiger abzulehnen. Die Euro-Finanzminister vertagten daraufhin jegliche Gespräche über weitere Hilfen auf die Zeit nach dem Referendum. IWF-Chefin Christine Lagarde forderte von Athen, sich "erwachsener" zu verhalten.

   Tsipras sagte in einer Fernsehansprache, ein "Nein" gegen die Gläubigerpläne sei "ein entscheidender Schritt für ein besseres Abkommen" mit den Kreditgebern. Nach dem Sonntag wolle er die Verhandlungen mit den Geldgebern fortsetzen. "Das 'Nein' bedeutet keinen Bruch mit Europa, sondern eine Rückkehr zu einem Europa der Werte."

   Der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis sagte im griechischen Fernsehen, er erwarte eine Einigung mit den Gläubigern kurz nach dem Referendum. "Griechenland ist im Euro und wird es bleiben", sagte er. Laut einer Umfrage vom Mittwoch liegen die Nein-Sager mit 46 Prozent derzeit vor den Befürwortern des Gläubiger-Angebots mit 37 Prozent. 17 Prozent der Befragten waren noch unentschieden.

   Angesichts der "Nein"-Empfehlung gebe es vor dem Referendum "keine Grundlage für weitere Gespräche" in den kommenden Tagen, erklärte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nach einer Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister. Vorschläge von Tsipras für Nachbesserungen an den Spar- und Reformforderungen der Gläubiger-Institutionen wurden Dijsselbloem zufolge vorerst "einfach zur Kenntnis genommen". Die Euro-Finanzminister hatten am Dienstagabend bereits eine Verlängerung des bisherigen Hilfsprogramms für Griechenland abgelehnt. Dieses lief damit um Mitternacht aus. Tsipras hat aber bereits um neue Hilfen über den Euro-Rettungsfonds ESM gebeten - bis 2017 gut 29 Milliarden Euro. Dies wäre ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland.

   Schon vor den Ministerberatungen lehnte es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab, im Schnellverfahren nach einer Lösung zu suchen. "Vor dem Referendum kann über kein neues Programm verhandelt werden", sagte sie bei einer Sondersitzung im Bundestag. "Wir können das auch in Ruhe abwarten", denn Europa sei "viel stärker als vor fünf Jahren zu Beginn der europäischen Staatsschuldenkrise".

   Deutschlands Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warf Tsipras und seiner Regierung mit Blick auf die Volksabstimmung vor, "ohne jeden Sinn und Verstand" zu handeln". Der italienische Regierungschef Matteo Renzi nannte das Referendum einen "Irrtum".

   Lagarde warf der linksgerichteten Regierung in Athen indirekt Unvernunft vor. "Angesichts des Maßes an Unsicherheit, Verwirrung und ständiger Bewegung wäre aus meiner Sicht weiterhin ein bisschen mehr Erwachsensein erforderlich", sagte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) dem US-Fernsehsender CNN. Sie beharrte darauf, dass Griechenland im Gegenzug zu Hilfen umfangreiche Reformen umsetzen müsse. Die IWF-Mitgliedstaaten sähen "keinen Grund" für eine Sonderbehandlung Griechenlands.

   Griechenland war in der Nacht zum Mittwoch als erstes Industrieland beim IWF in Zahlungsverzug geraten. Athen ließ die Frist für eine fällige Rückzahlungsrate von 1,5 Milliarden Euro verstreichen, hatte vorher aber einen Antrag auf nochmalige Verschiebung der Zahlungsfrist gestellt. Wie es aus IWF-Kreisen hieß, wird darüber "in den kommenden Wochen" entschieden.

   Die Europäische Zentralbank (EZB) entschied derweil, die Notfallhilfe für griechische Banken weiterhin unverändert beizubehalten. Der Liquiditätsrahmen werde nicht ausgeweitet, verlautete am Mittwochabend aus griechischen Bankenkreisen.

   Wegen der jüngsten Entwicklungen stufte nach Standard & Poor's und Fitch auch die US-Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit Griechenlands weiter herab.

   In Griechenland öffnete ein Teil der wegen der Krise geschlossenen Banken unterdessen nur für Rentner, die vielfach keine Bankkarten für Geldautomaten haben. Vor den Instituten bildeten sich Schlangen. Die Rentner konnten maximal 120 Euro für den Rest der Woche bekommen, für die anderen Griechen gilt diese Woche ein Tageslimit von 60 Euro.

   DJG/jhe

  Dow Jones Newswires

   BRüSSEL (AFP)

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