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Steuerreform beschlossen 13.03.2015 17:03:00

Mit Höchststeuersatz von 55 Prozent ist Österreich fast EU-Spitze

Wie die APA am Freitag aus Koalitionskreisen erfahren hat, soll dieser "Solidaritätssteuersatz" allerdings vorerst auf fünf Jahre befristet werden. Betreffen wird er außerdem nur einige Hundert Einkommensmillionäre. Der höhere Spitzensteuersatz soll laut einer in SP-Kreisen kursierenden Aufstellung 50 Millionen Euro bringen, dazu kommt noch die damit zusammenhängende höhere Kapitalertragssteuer auf Dividenden (150 Millionen Euro). Für den höheren Spitzensteuersatz (nicht aber die höhere Dividenden-KESt) ist eine Befristung auf fünf Jahre geplant. Allerdings war auch die 2013 eingeführte "Solidarabgabe" für Spitzenverdiener ab 186.000 Euro ursprünglich bis 2016 befristet. Im Vorjahr wurde die Befristung aber gestrichen.

Mit dem erhöhten Spitzensteuersatz von 55 Prozent schiebt sich Österreich jedenfalls in Richtung Europaspitze vor, wie eine Aufstellung der EU-Kommission zeigt: Hinter Schweden (56,7 Prozent), Portugal (56,5) und Dänemark (55,6) liegt Österreich künftig auf Platz vier (Stand 2014). Im Durchschnitt aller 28 EU-Staaten lag der Höchststeuersatz im Vorjahr bei 39,4 Prozent, bei den 15 "alten" EU-Staaten bei 50,4 Prozent.

Mit der kräftigen Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 auf 25 Prozent bewegt sich Österreich dagegen in Richtung EU-Durchschnitt (21,4 Prozent für alle 28 bzw. 25,4 Prozent für die 15 "alten" EU-Länder). Höher ist der Eingangssteuersatz derzeit nur in Schweden, Dänemark und den Niederlanden.

Nach der Grundsatzeinigung der Hauptverhandler kurz nach Mitternacht haben am Freitagnachmittag auch SPÖ- und ÖVP-Vorstand dem Reform-Paket ihren Segen gegeben. Das Gesamtvolumen der Entlastung soll bei rund fünf Milliarden liegen. In Kraft tritt die Reform 2016.

Die in den jeweiligen Gremien erstmals breit präsentierten Inhalte waren großteils schon in den Tagen davor durchgesickert. Immerhin eine Überraschung gab es am Freitag aber doch: Das Bankgeheimnis wird weiter gelockert. Finanzbehörden werden künftig das Recht haben, bei Abgabenprüfungen auch (ohne Gerichtsbeschluss) die Konten der Unternehmen zu prüfen.

Dies soll unter dem Titel Betrugsbekämpfung ebenso Geld hereinbringen wie z.B. die Registrierkassen-Pflicht. Ferner zur Gegenfinanzierung beitragen sollen eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer, teils höhere Mehrwertsteuersätze etwa für Hotelübernachtungen, Blumen und Tierfutter.

Für die SPÖ ist angesichts dieser geplanten Maßnahmen verschmerzbar, dass die lange beworbenen Projekte Millionärs- und Erbschaftssteuer am Widerstand der ÖVP gescheitert sind. Im Vorfeld der Gremiensitzungen pochten sämtliche SPÖ-Granden darauf, dass es darum gegangen sei, den Arbeitnehmern mehr Netto vom Brutto zu geben und genau das sei gelungen. Kurz zusammengefasst wurde die SPÖ-Position vom burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl: Seine Partei habe sich bei der Entlastung durchgesetzt, die ÖVP beim Schutz der Millionäre.

Im Präsidium wurde das Paket dann auch einstimmig angenommen, im Vorstand gab es bloß drei Gegenstimmen der stets kritischen Jugend-Vertreter. Allerdings fanden selbst die gar nicht so wenige Punkte, die ihnen gefielen. Tatsächlich dürfte den Österreichern durch die neuen Steuersätze einiges mehr am Konto bleiben, vor allem durch die Absenkung der Eingangssteuersatzes von 36,5 auf 25 Prozent. Modellrechnungen sehen jährliche Entlastungen bis hin zu 2.800 Euro jährlich vor. Für Kleinstverdiener und Pensionisten mit Einkünften unter der Steuerfreigrenze erfreulich ist, dass auch sie über geringere Sozialversicherungsbeiträge entlastet werden.

Weniger euphorisch reagierte die ÖVP auf das Paket, obwohl es bei ihr sogar einstimmig durchging. Danach räumte Parteichef Reinhold Mitterlehner jedoch "Befürchtungen und Einwendungen" bei der Gegenfinanzierung ein, etwa seitens der Hotellerie wegen der erhöhten Mehrwertsteuer auf Übernachtungen. Den Höchststeuersatz von 55 Prozent für Einkommen über einer Mio. Euro, der Österreich europaweit ins Spitzenfeld spült, bezeichnete Mitterlehner als "Sondermillionärssteuer". Hierfür soll es eine Zweckbindung für Forschung und Entwicklung geben.

Kaum ein gutes Haar ließ die Opposition an der Reform. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einem "kümmerlichen Paketchen", dessen Wirkung in spätestens zwei Jahren verpufft sei. Seitens der Grünen befand Bundessprecherin Eva Glawischnig, dass ein großer Teil der Tarifanpassung auf Sand gebaut sei. Die veranschlagten knapp zwei Mrd. Euro bei der Betrugsbekämpfung seien etwa "vollkommen überhöht" - eine Meinung, die übrigens auch die Wirtschaftstreuhänder vertraten, die aber zumindest eine "geglückte Tarifreform" erkannten.

Mäßig begeistert ist ob des Pakets die Klubobfrau des Team Stronach. Waltraud Dietrich ortete eine "bloße Geld-Umverteilaktion ohne echte Reformen". NEOS-Chef Matthias Strolz verstand nicht, dass Unternehmen "völlig außen vor" gelassen würden und eine "echte Entlastung des Faktors Arbeit" nicht forciert werde.

Kritik kam auch von den Betroffenen. So kündigte die Hoteliersvereinigung höhere Zimmerpreise wegen des von zehn auf 13 Prozent erhöhten Mehrwertsteuersatzes für Hotelübernachtungen an. Bei der Börse Wien ärgerte man sich wiederum über die Anhebung der KESt auf Dividenden, da derartige Maßnahmen einmal mehr den Kapitalmarkt treffen würden, und Raiffeisen will darauf schauen, dass das Bankgeheimnis bei Betriebsprüfungen doch bestehen bleibt. "Schwer enttäuscht" waren die Umweltorganisationen, dass es zu keiner Ökologisierung des Steuersystems kommen wird.

Um vielleicht doch noch das ein oder andere herauszuverhandeln, bleibt jedenfalls Zeit. Denn erst im Mai soll der Gesetzesentwurf in Begutachtung gehen. Der Parlamentsbeschluss wird für den Juli angepeilt. Nachschärfungen bis dahin hat Mitterlehner nicht ausgeschlossen, sehr wohl aber SP-Klubobmann Andreas Schieder: "Wenn jeder nachschärft, funktioniert es nicht."

has/jul/mk

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