27.10.2014 13:02:31
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Deutsche Steuerexperten: Einnahmen werden unter schwacher Konjunktur leiden
Von Andreas Kißler
BERLIN--Die deutsche Konjunktur kommt derzeit nur noch im Kriechgang voran. Nachdem Regierung und Ökonomen ihre Wachstumsprognosen deutlich zurechtgestutzt haben, drohen nun auch niedrigere Steuereinnahmen. Denn der Staat braucht eigentlich eine florierende Wirtschaft, um die erhofften Einnahmen einzufahren. Erst am Montag berichtete schwächere Konjunkturindikatoren wiesen aber derzeit auf das Gegenteil hin.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gibt zwar bisher Entwarnung und verweist auf den immer noch gut laufenden privaten Konsum. Andere warnen aber angesichts der schwachen Prognosen schon. Mit banger Erwartung blicken sie der nächsten Steuerschätzung in der kommenden Woche entgegen, bei der die Experten von Wirtschaftsforschungsinstituten, Bundesbank, Verbänden und anderen Organisationen der Regierung Auskunft über die zu erwartende Entwicklung geben werden. Fällt ihr Ergebnis negativ aus, könnte das auch das Ziel von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gefährden, nächstes Jahr eine schwarze Null im Bundeshaushalt zu schreiben.
Experten, die an der Steuerschätzung teilnehmen, betonen bereits im Vorfeld, dass die Steuereinnahmen unter der schwächeren Konjunktur leiden dürften. "Der Zuwachs 2014/15 wird wahrscheinlich etwas geringer ausfallen als vormals gedacht", sagte einer von ihnen. Allerdings sehe die Prognose der Bundesregierung vor allem nicht so steuerergiebige Aggregate im Abwind, sodass die Schätzer möglicherweise "nicht so einen deutlichen Schritt nach unten mit der Prognose machen müssen", wie es zunächst erscheine. Doch irgendwann schlage die schwächere Wirtschaftsentwicklung sich auch in den Steuereinnahmen nieder.
"Es wird Mindereinnahmen geben", räumte deshalb auch ein anderer der Schätzer ein. "Die Prognose der Bundesregierung ist nach unten korrigiert worden," lautete seine Begründung, auch wenn die Entwicklung bei den Steuern "am aktuellen Rand nicht so schlecht" sei.
Erst am vergangenen Montag hatte das Bundesfinanzministerium bekanntgegeben, dass die deutschen Steuereinnahmen trotz der aktuellen Konjunkturflaute im September um 4,7 Prozent höher lagen als im September 2013. Die Daten deuten dennoch auf eine mögliche Abschwächung der Einnahmen, denn in den Monaten Januar bis September flossen insgesamt nur 3,0 Prozent mehr Steuern in die Staatskassen - im Vergleich weniger, als dies die Steuerschätzer bisher mit einem Plus von 3,4 Prozent für das Gesamtjahr veranschlagt haben.
Jüngste Konjunkturprognosen und -indikatoren deuten darauf hin, dass sich diese Tendenz fortsetzen könnte. Das Haus von Minister Wolfgang Schäuble sieht die Konjunktur zwar nur in einer "vorübergehenden Wachstumspause" und nährt so Hoffnungen auf weiterhin hohe Steuereinnahmen. Die aktuellen Indikatoren stützen diese Sichtweise allerdings nicht. Erst am Montag kamen vom ifo Geschäftsklimaindex und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) schlechte Nachrichten.
So fiel der ifo-Index im Oktober deutlicher als erwartet. Das wichtigste Konjunkturbarometer in Deutschland fiel um 1,5 Zähler auf 103,2 Punkte und ging damit den sechsten Monat in Folge zurück. "Die Mischung aus schwacher Weltwirtschaft und inländischer Reformlethargie legt sich wie Mehltau auf die Stimmung", konstatierte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Lampe.
Der DIHK wiederum erwartet für nächstes Jahr mit einem Wachstum von nur noch 0,8 Prozent einen regelrechten Einbruch - anders als die Regierung und führende Wirtschaftsforscher. Eine neue Unternehmensbefragung der Kammerorganisation brachte ernüchternde Ergebnisse. "Die Konjunktur in Deutschland wird von mehreren Seiten ausgebremst", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. "Vor allem internationale Krisen schlagen auf das Wachstum durch." Die genauen Auswirkungen auf die Steuereinnahmen wollen die Schätzer nun bei ihrer Tagung berechnen, die vom vom 4. bis zum 6. November in Wismar stattfindet.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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October 27, 2014 07:32 ET (11:32 GMT)
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