Erwartungen übertroffen 06.11.2015 15:43:46

Starker US-Jobmarkt erhöht Chancen für Zinswende

Wie das US-Arbeitsministerium berichtete, schoss im Oktober die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft um 271.000 in die Höhe, während von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte nur einen Stellenzuwachs um 183.000 erwartet hatten. Zudem zeigten die Revisionen für die beiden Vormonate, dass die Firmen unter dem Strich 12.000 mehr Jobs geschaffen haben als zunächst gemeldet.

Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe, kommentierte die Zahlen mit euphorischen Worten: "Das war die Mutter aller Arbeitsmarktberichte. Die Oktober-Arbeitsmarktdaten machen den Weg für eine erste Zinserhöhung frei. Darüber hinaus macht sich jetzt auch Lohndruck bemerkbar. Sollten in den kommenden Wochen wirtschaftliche Erdbeben ausbleiben, dreht die US-Notenbank an der Zinsschraube."

Die separat erhobene Arbeitslosenquote sank im Oktober auf 5,0 von 5,1 Prozent, was den Erwartungen von Ökonomen entsprach. Für diese Statistik werden private Haushalte befragt, für die Beschäftigtenzahl hingegen Unternehmen und Behörden.

Die durchschnittlichen US-Stundenlöhne stiegen den weiteren Angaben zufolge um 0,09 Dollar auf 25,20 Dollar, ein Plus von 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im Jahresvergleich kletterten die Löhne um 2,5 Prozent, spürbar höher als der Durchschnitt der vergangenen sechs Jahre von 2,0 Prozent.

Die Erwerbsquote, also der Anteil der Amerikaner, die arbeiten oder aktiv eine Stelle suchen, blieb indessen stabil bei 62,4 Prozent, was der niedrigste Wert seit 1977 ist.

Nach einigem Zögern hat die US-Notenbank für dieses Jahr doch noch eine Zinserhöhung ins Auge gefasst. Es wäre die erste Zinserhöhung seit fast zehn Jahren. Nun richten sich alle Augen auf die Dezember-Sitzung der Fed. Für eine Zinswende machte Fed-Chefin Janet Yellen aber zur Bedingung, dass die Wirtschaft für eine geldpolitische Straffung stark genug ist und dass die Inflation auf dem Weg nach oben ist.

ING-Bank-Volkswirt Rob Carnell hält eine Zinserhöhung der Fed zwar noch nicht für eine ausgemachte Sache, aber die Weichen seien nun gestellt. "Wir müssten schon einen katastrophalen November-Jobreport sehen, damit die Fed auch im Dezember stillhält."

"Die Daten haben mich schlichtweg umgehauen", meinte Christopher Sullivan, Analyst bei der UN Federal Credit Union. "Eine Zinserhöhung im Dezember ist nun quasi Realität." Nur eine scharfe Abwärtsrevision der Arbeitsmarktzahlen in den nächsten vier Wochen könne eine geldpolitische Straffung noch stoppen.

Die Finanzmärkte reagierten wie nach dem Lehrbuch auf die Jobdaten. Der Euro-Wechselkurs, der den ganzen Tag total unauffällig war, verzeichnete einen abrupten Knick nach unten. Im Anschluss notierte er gegenüber dem US-Dollar um 1,6 Prozent tiefer. Der Dax drehte ins Plus, übersprang die Marke von 11.000 Punkte und lag um 0,9 Prozent höher. Die Kurse von US-Staatsanleihen fielen spürbar, die Rendite der zweijährigen Titel stieg im Gegenzug auf den höchsten Stand seit fünf Jahren.

  DJG/apo/sha

  Dow Jones Newswires

   Von Anna Louie Sussman und Andreas Plecko

WASHINGTON (Dow Jones)

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