13.06.2016 12:03:45
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Staatsrechtler Papier hält Bargeldobergrenzen für bedenklich
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen würde nach Einschätzung des Staatsrechtlers Hans-Jürgen Papier einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Bürger darstellen, dem ein sehr unsicherer Nutzen gegenüber stehe.
Beim Bargeldsymposium der Deutschen Bundesbank sagte Papier, zu befürchten wären Eingriffe in die Grundrechte auf Eigentumsfreiheit, auf Vertragsfreiheit und auf informationelle Selbstbestimmung. Papier war von 2002 bis 2010 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat die Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen von 5.000 Euro vorgeschlagen und dies damit begründet, dass auf diese Weise die Kriminalität besser bekämpft werden könne. In rund der Hälfte der Euro-Länder bestehen solche Obergrenzen bereits.
Derzeit befindet sich der Vorschlag zur Diskussion in den politischen Gremien. In der Öffentlichkeit wurde er überwiegend kritisch aufgenommen. Zu den Kritikern zählt unter anderem Bundesbank-Präsident Jens Weidmann.
"Es ist unzweifelhaft, dass bei einer Obergrenze für Barzahlungen das Eigentumsrecht verletzt wäre", sagte Papier. Bargeld genieße als bewegliche Sache den Schutz des Eigentums, und der Besitzer habe das Recht, über diesen Gegenstand frei zu verfügen.
Papier sagte, das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit umfasse auch die Vertragsfreiheit. Jeder habe das Recht, selbst zu bestimmen, mit wem er welche vertragliche Bindung eingehen wolle. "Wenn der Gesetzgeber dem Bürger verbietet, geschuldete Zahlungen mit Bargeld zu begleichen, greift er in die Inhaltsfreiheit ein", sagte Papier.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung schließlich ist Papier zufolge gefährdet, weil der Bürger selbst über Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten bestimmen können muss.
Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts räumte ein, dass der Staat mit guten Gründen alle drei Grundrechte beschneiden könne. Er fügte aber hinzu: "Der Gesetzgeber muss für seine Grundrechtseingriffe legitime Gründe des Gemeinwohls anführen." Einzelinteressen oder ökonomische Gründe reichten hierfür nicht aus.
Kriminalitätsbekämpfung könne ein Grund für Grundrechtseinschränkungen sein, doch scheine eine Einschränkung der Bargeldnutzung nach Meinung von Fachleuten und nach den Erfahrungen von Ländern, wo es derartige Regelungen schon länger gebe, ungeeignet, das angestrebte Ziel zu erfüllen.
"Dem Gesetzgeber kommt ein gewisser Beurteilungs- oder Prognosespielraum zu. Die Grenze ist überschritten, wenn der Gesetzgeber offenkundig ungeeignete Mittel ergreift", sagte Papier.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/cln
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June 13, 2016 05:32 ET (09:32 GMT)
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