28.11.2014 13:05:00

Sloweniens Konjunkturerholung ist Beobachtern ein Rätsel

Sloweniens Wirtschaft entwickelt sich heuer überraschend gut. "Ich war letzte Woche beim slowenischen Finanzminister und wir haben die EU-Herbstprognose angesprochen, die für Slowenien heuer von 2,4 Prozent Wachstum ausgeht. Er kann sich's nicht erklären", sagt der österreichische Wirtschaftsdelegierte für Slowenien, Peter Hasslacher. "Ich kann es mir auch nicht erklären."

Im dritten Quartal lief es für Slowenien besonders gut - die Wirtschaftsleistung war um 3,2 Prozent höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. An der Wirtschaftspolitik dürfte es eher nicht liegen. "Ich kenne die slowenische Wirtschaftspolitik nicht. Ich wüsste nicht, was das sein sollte", sagte Hasslacher am Freitag bei einem Pressegespräch in Wien. "Ich bin seit eineinhalb Jahren in Slowenien und habe vier Wirtschaftsminister erlebt - und eigentlich mehr Zeiten erlebt, in denen es keine Wirtschaftsminister gab."

Erst am Mittwoch hat Regierungschef Miro Cerar einen neuen Kandidaten für den vakanten Wirtschaftsministerposten nominiert - der 57-jährigen Geschäftsmann Zdravko Pocivalsek könnte kommende Woche ins Amt gewählt werden.

Die wirtschaftliche Erholung kommt umso überraschender, als Sloweniens Wirtschaft einen hohen Exportanteil von rund 70 Prozent hat und die Konjunkturentwicklung wichtiger Handelspartner schwach ist - Österreichs Wirtschaft ist im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal sogar leicht geschrumpft. Dazu kommt laut Hasslacher, dass die Steuern in Slowenien relativ hoch sind und auch die Energiekosten seien "um 20 bis 25 Prozent höher als bei uns." Dennoch würden es zum Beispiel die vier energieintensiven Papierfabriken - von denen drei österreichischen Investoren gehören - schaffen, günstiger zu produzieren als in Österreich. Das liege einerseits an den niedrigen Arbeitskosten, "zum anderen, weil sie wirklich eingeschworene Teams haben, die enorm flexibel sind und immer nach Lösungen suchen und auch Lösungen finden".

Für Österreich ist das kleine Nachbarland ein wichtiger Handelspartner. Die österreichischen Exporte stiegen heuer im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 Prozent auf 1,25 Mrd. Euro. Die Importe aus Slowenien blieben mit 820 Mio. Euro stabil. Insgesamt werde das Handelsvolumen mit Slowenien heuer rund 4,7 Mrd. Euro betragen, sagte Hasslacher. "Ein durchschnittlicher Slowene nimmt pro Jahr österreichische Produkte im Wert von rund 1.300 Euro ab. Besser wären nur die Bayern, aber die gibt es ja als Land nicht."

Im Vergleich mit anderen Ländern der Region seien die Slowenen sehr erfolgreiche Exporteure. "Das Exportvolumen Sloweniens ist mehr als dreimal so hoch wie das Kroatiens, obwohl Kroatien mehr als doppelt so groß ist." Österreichs Handelsvolumen mit Slowenien sei "größer als mit allen anderen ex-jugoslawischen Ländern zusammen - also Kroatien, Bosnien, Serbien, Mazedonien und Kosovo", selbst wenn man Albanien noch dazu nehme, würden noch 600 Mio. Euro zugunsten Sloweniens übrig bleiben.

Dennoch hat das Industrieland Slowenien massive Probleme. So habe die staatliche Großbank Nova Ljubljanska banka (NLB) nach wie vor einen hohen Anteil an faulen Krediten und bereite große Probleme, an eine Privatisierung sei aber nicht gedacht. Überhaupt sei der slowenische Staat weiterhin daran interessiert, viel unter eigener Kontrolle zu behalten. Am Verkauf der staatlichen Telekom Slovenije werde aber nicht mehr gerüttelt, erklärte Hasslacher. "Die neue Regierung hätte die Privatisierungsentscheidung zwar nicht getroffen, fühlt sich aber an die Entscheidung der Vorgängerregierung gebunden."

Von österreichischen Investoren in Slowenien wird als größtes Problem eine schlechte Zahlungsdisziplin genannt. Gleich danach werden Korruption und Kriminalität genannt. Die "Hitliste" der Probleme sei aber in allen Ländern der Region ähnlich, sagt Hasslacher.

(Schluss) ivn/pro

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