10.10.2013 19:45:32

Siemens setzt zur Margensteigerung auf Nahverkehrs-Kleinaufträge

   Von Ursula Quass

   Der Technologiekonzern Siemens lässt erste Schritte erkennen, wie er das vom neuen Vorstandschef Joe Kaeser verfolgte Ziel erreichen will, die Ertragslücke zum Wettbewerb zu schließen. Wie aus einem dem Wall Street Journal Deutschland vorliegenden internen Interview hervorgeht, setzt der Konzern dabei zum Beispiel im Nahverkehr verstärkt auch auf kleinere Aufträge. Mit diesen lässt sich oft eine höhere Marge erzielen als mit Großaufträgen.

   Siemens wolle sein Nahverkehrgeschäft ausbauen und sich "stärker bei Projekten bewerben, bei denen auch kleinere Chargen vergeben werden", sagte der Chef der Eisenbahnsparte, Jochen Eickholt, in dem Interview, das im Intranet des Konzerns erschienen ist. "Auch da kann man gutes Geld verdienen. Das machen uns einige Mitbewerber vor." Ein Siemens-Sprecher bestätigte auf Anfrage die Pläne.

   Bislang spiele Siemens bei kleineren Nahverkehrsaufträgen aber "keine bedeutende Rolle", räumte Eickholt ein. Grund sei, dass Siemens die technischen und organisatorischen Voraussetzungen "nicht in genügendem Maße" mitbringe. "Wir müssen zum Beispiel den Gedanken der technischen Plattform - ähnlich wie im Automobilbau - ernster umsetzen. Dann kann man auch mit Kleinserien Geld verdienen. Insgesamt sei das Nahverkehrsgeschäft ein "sehr lukratives Geschäft, das uns vielfältige Möglichkeiten bietet".

   Das Marktvolumen beläuft sich nach Angaben des Rail-System-Chefs auf rund 17 Milliarden Euro. In den nächsten Jahren würden weltweit etwa 400 Projekte für Metros und Straßenbahnen vergeben werden. Während es in Europa und in den USA in erster Linie um Modernisierungen gehe, winkten im Nahen Osten, Südamerika und Asien "echtes Neugeschäft". So gebe es in Asien überproportional viele der weltweit 100 Millionenstädte, die bislang keine Nahverkehrsinfrastruktur hätten.

   Bei den Kosten sei Siemens hier allerdings "noch nicht auf Augenhöhe vor allem mit lokalen Anbietern", gab Eickholt zu. Punkten könne der Konzern allerdings mit Qualität, Sicherheit, technischer Führung und der Fähigkeit zur Integration. "Die Marke Siemens zählt."

   Nach Ansicht von Commerzbank-Analyst Ingo-Martin Schachel könnten die Pläne Eickholts durchaus ein gelungener Schachzug werden. "Die Ausrichtung auch auf kleinere Projekte macht auf jeden Fall Sinn, weil damit margenseitig oft besser zu verdienen ist als mit Großaufträgen", sagte Schachel dem Wall Street Journal Deutschland. Während mit Großaufträgen am Markt meist nur eine mittlere einstellige Rendite erzielt werde, läge diese bei mehr margenorientierten Unternehmen, die auch einmal kleinere Aufträge annähmen, bei knapp 10 Prozent. Grund dafür sei, dass Großprojekte sehr wettbewerbsintensiv seien und deshalb nicht so hohe Preise erzielt werden könnten. Oft würden die Preise so knapp kalkuliert, dass Probleme bei der Projektumsetzung sofort auf die Marge drückten.

   Siemens bekommt dies bei den Problemen mit der Zulassung der neuesten ICE-Generation für die Deutsche Bahn schmerzlich zu spüren. Eigentlich sollte Siemens die 16 Züge schon im Herbst 2011 ausliefern, der Termin wurde aufgrund technischer Mängel und fehlender Zertifizierungen aber immer wieder verschoben. Angeblich sollen im Herbst zumindest die ersten beiden Züge ausgeliefert werden, selbst dann könnten diese wegen der fehlenden Zertifizierung aber wohl nur zu Schulungszwecken genutzt werden.

   Allerdings gibt es im Bereich der Großaufträge auch gute Nachrichten: Nachdem der DAX-Riese Ende Juli schon mitgeteilt hatte, im Konsortium einen Auftrag für zwei fahrerlose U-Bahnlinien in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad erhalten zu haben, reichte der Konzern nun nach, wie hoch der eigene Anteil an dem Projekt ist: Demnach hat der Auftrag für die Münchener ein Volumen von 1,5 Milliarden Euro und umfasst Metro-Züge, die Elektrifizierung sowie Signal- und Kommunikationstechnik. Der Baubeginn ist für 2014 geplant.

   Nach Ansicht von Commerzbank-Experte Schachel braucht Siemens jedenfalls beides: "Großaufträge, um die Kapazitäten auszulasten und kleinere Projekte, um die Profitabilität zu erhöhen". Ein Mix, der durchaus in die Strategie des Konzerns passt: Während Ex-Vorstandschef Peter Löscher lange Jahre das (zu) ehrgeizige Ziel verfolgt hatte, den Konzernumsatz von zuletzt 78,3 auf 100 Milliarden Euro hochschrauben zu wollen, hat Joe Kaeser nun statt reiner Margen- und Umsatzziele vor allem eine Priorität: die Ertragslücke zwischen dem Wettbewerb und Siemens im Lauf der Zeit zu reduzieren.

   Kontakt zur Autorin: ursula.quass@dowjones.com

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   October 10, 2013 13:00 ET (17:00 GMT)

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