18.11.2015 17:26:45

Shirakawa: Schnelles Erreichen von zwei Prozent keine sinnvolle EZB-Politik

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)--Der ehemalige Gouverneur der Bank of Japan, Masaaki Shirakawa, hat die Europäische Zentralbank (EZB) davor gewarnt, ihr Inflationsziel mit der Brechstange erreichen zu wollen. Bei einer Veranstaltung in Frankfurt verglich Shirakawa die heutige Situation der Eurozone mit der Japans vor 20 Jahren.

   "Wenn man mich fragt, was ein sinnvolles Inflationsziel ist, dann habe ich gegen 2 Prozent nichts einzuwenden, aber wenn man mich fragt, ob diese 2 Prozent so schnell wie möglich erreicht werden sollen, dann sage ich, das ist keine sinnvolle Geldpolitik", sagte Shirakawa auf eine Frage nach dem EZB-Inflationsziel.

   Die EZB erwägt gegenwärtig eine Ausweitung ihres vorläufig bis September 2016 laufenden Anleihekaufprogramms von monatlich 60 Milliarden Euro. Viele Beobachte rechnen aufgrund der Kommunikation einiger EZB-Offizieller damit, dass dies zusammen mit der Veröffentlichung neuer Inflations- und Wachstumsprojektionen am 3. Dezember geschehen soll.

   EZB-Chefvolkswirt Praet hatte kürzlich in einem Interview gesagt, er sehe nach den Pariser Anschlägen das Risiko, dass die EZB ihr Inflationsziel noch später als bisher angenommen erreichen wird. Derzeit rechnet der volkswirtschaftliche Stab der EZB damit, dass die Inflation 2017 im Jahresdurchschnitt bei 1,7 Prozent liegen wird.

   Shirakawa sagte, Japans und Europas Probleme seien insofern vergleichbar, als der herrschende Deflationsdruck vor allem aus der demografischen Entwicklung resultiere. "Was in Europa passiert, ist das Gleiche wie das, was in Japan passiert ist, nur dass es dort 20 Jahre früher war", sagte Shirakawa. Derzeit verliere Japan aufgrund der alternden Bevölkerung jedes Jahr 1 Million Arbeitskräfte.

   Dem aus der demografischen Entwicklung resultierenden Deflationsdruck kann laut Shirakawa nur mit einer höheren Erwerbsbeteiligung und einer besseren Produktivität begegnet werden. "Viele Menschen denken, die Geldpolitik könne diese Probleme lösen, aber das kann sie nicht", sagte er. Wachstum mit Hilfe der Geldpolitik aus der Zukunft in die Gegenwart, oder aus anderen Ländern ins eigene Land zu verlagern, funktioniere nur für eine begrenzte Zeit.

   Kritisch äußerte sich der ehemalige BoJ-Gouverneur (2008 bis 2013) zu negativen Zinsen. In seiner Zeit habe die BoJ einmal kurz davor gestanden, solche Zinsen einzuführen, aber er haben die anderen Board-Mitglieder gerade noch umstimmen können, sagte er.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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   November 18, 2015 10:56 ET (15:56 GMT)

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