18.06.2015 05:00:00

Schifffonds-Urteil gegen Bank: Beratungsfehler verjähren einzeln

In Sachen Schiffs- und Hollandfonds hat das Oberlandesgericht (OLG) Wien Anlegern den Rücken gestärkt. In einem Urteil gegen eine Bank schloss sich das Gericht der deutschen Rechtsprechung an, wonach jeder Beratungsfehler einzeln verjährt. Anleger, die sich von ihrer Bank über die Risiken von geschlossenen Fonds falsch beraten fühlen, können also heute immer noch klagen.

"Anleger können langsam aufatmen", sagte Anwalt Sebastian Schumacher, der das - nicht rechtskräftige - Urteil erwirkt hat, zur APA. Für Banken sei das Thema geschlossene Fonds "überhaupt nicht vom Tisch".

Viele große österreichische Banken haben Anfang der 2000er Jahre in großem Stil geschlossene Fonds deutscher Emissionshäuser wie MPC oder HCI an ihre Kunden verkauft. Mit der Wirtschaftskrise begannen aber viele dieser Fonds, die das Geld typischerweise in Containerschiffe oder Immobilien in den Niederlanden gesteckt haben, zu taumeln. Auch zahlreiche Pleiten gab es.

Kleinanleger in Österreich und auch Deutschland schauen durch die Finger und sind vielfach gegen ihre Bank Gericht gezogen. Sie sehen sich nicht ausreichend über die Risiken der Veranlagung aufgeklärt.

Das Problematische an geschlossenen Schiffs- oder Hollandfonds war, dass die Anleger technisch gesehen Kommanditisten einer Publikums-KG wurden. Daher handelte es sich bei den Auszahlungen nicht um Zinsen, sondern um Rückzahlungen des Eigenkapitals, die von der Gesellschaft bzw. dem Masseverwalter spätestens im Insolvenzfall zurückgefordert werden können.

"Bei vielen Anlegern sind die Ausschüttungen schon 2007/08 ausgeblieben", sagte Anlegervertreter Schumacher. Genau darauf schießen sich nun Banken in Anlegerverfahren ein: Sie berufen sich darauf, dass eventuelle Ansprüche bereits verjährt seien, weil die Kunden schon damals hätten wissen müssen, dass es ein Problem gibt.

In Österreich müssen Schadenersatzansprüche spätestens drei Jahre nach "Kenntnis von Schaden und Schädiger" geltend gemacht werden, wie es im Juristenjargon heißt. Nach Ansicht der Banken ist es jetzt dafür schon viel zu spät. Anleger hingegen argumentieren vor Gericht, sie wüssten erst seit Kurzem durch Medienberichte oder gar erst von ihrem Anwalt, dass sie ihr komplettes Investment verlieren oder Ausschüttungen von ihnen zurückgefordert werden können.

Im aktuellen Fall hat ein Ehepaar bereits im Jahr 2006 einen Schiffsflottenfonds von HCI bei einer österreichischen Bank gekauft. 2009 wurden die Kläger über die Insolvenz von einem der Schiffe informiert, außerdem erhielten sie ab diesem Jahr keine Ausschüttungen mehr.

Vor Gericht brachten sie vor, dass sie weder über das Totalverlustrisiko, die Gefahr von Ausschüttungsrückforderungen noch über die hohen Weichkosten sowie Kick-back-Zahlungen, die die Bank zusätzlich zum Ausgabeaufschlag eingestreift hat, aufgeklärt worden seien.

Das Erstgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Dagegen legte das Ehepaar Berufung ein und bekam nunmehr vom OLG Wien (1 R 43/15y) Recht. In seiner ausführlichen Begründung schließt sich das Gericht der Sichtweise des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) an, wonach die Verjährung für jeden Aufklärungsfehler gesondert zu laufen beginnt:

"Jede Handlung, die eigene Schadensfolgen zeitigt und dadurch zum Gesamtschaden beiträgt, (stellt) verjährungsrechtlich eine neue selbständige Schädigung dar und erzeugt daher einen neuen Ersatzanspruch mit eigenem Lauf der Verjährungsfrist." Stützt sich ein Kläger alternativ auf verschiedene Sachverhalte, "liegen in Wahrheit zwei Ansprüche vor, die auch verjährungsrechtlich getrennt zu beurteilen sind."

Für Anlegeranwalt Schumacher bedeutet das im Klartext: "Nur weil ein Anleger zum Beispiel schon 2009 erkennen konnte, dass sein Investment entgegen den Zusagen der Bank ein höheres Risiko aufweist, musste er längst nicht darauf schließen, dass die Bank Kick-back Zahlungen erhalten hat oder die erhaltenen Ausschüttungen von ihm zurückgefordert werden können. Einen logischen Zusammenhang gibt es hier nicht."

Der fehlberatene Anleger könne aufgrund solcher Aufklärungsfehler die Bank heute noch klagen, selbst wenn andere Beratungsfehler bereits verjährt sein sollten, so Schumacher. Das OLG-Urteil sei von weitreichender Bedeutung für Anleger, da viele erst nach Jahren durch Medien oder durch ihren Anwalt erkennen würden, in welcher Weise sie falsch beraten worden seien.

Der Bank bleibt nur noch die außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof (OGH). Schumacher geht davon aus, dass das OLG-Urteil vom Höchstgericht bestätigt wird.

(Schluss) snu/ggr

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