29.06.2016 12:13:47
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Schäuble will derzeit wohl keine Vertiefung der Eurozone anstoßen
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)-- Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will nach Angaben aus seinem Umfeld in der wegen des Brexit-Referendums angespannten Lage vorerst keine weiteren Schritte für die Fortentwicklung der Eurozone anstoßen. "Jetzt steht nicht die Vertiefung der Eurozone im Vordergrund", sagte eine Person aus Schäubles Umfeld im Ministerium. "Die Vorschläge des Ministers werden in eine andere Richtung zielen."Es gehe darum, die EU der verbleibenden 27 Länder zusammenzuhalten, hieß es von der informierten Person weiter. Die Staatengemeinschaft müsse zeigen, dass die EU einen Unterschied bei der Bewältigung der großen Probleme mache, die ein einzelner Mitgliedstaat nicht im Alleingang bewältigen könne.
Schäuble hat vor dem britischen Referendum bereits häufig Überlegungen für einzelne Reformaspekte der Eurozone und der EU als Ganzes geäußert, unter anderem zur Rolle der in seinen Augen stark politisch agierenden EU-Kommission. Solche Vorschläge werden nach einem Bericht des Handelsblatts auch in einer internen Übersicht des Finanzministeriums mit dem Titel "Initiativen nach dem UK-Referendum" aufgelistet, um eine glaubwürdige Einhaltung der Schuldenregeln zu erreichen.
Spitzenpolitiker wollen soziale Reformen Laut Zeitung ist in dem Entwurf auch davon die Rede, dass Haushaltsentwürfe von Euro-Mitgliedsstaaten zurückgewiesen werden können, wenn sie nicht den EU-Defizitvorgaben entsprechen. Zudem solle nicht mehr die Brüsseler Kommission, sondern eine unabhängige Behörde die Haushaltspolitik der Mitgliedsländer überwachen.
In Berlin versuchte man am Mittwoch, die aktuelle Bedeutung dieses Papiers herunterzuspielen. Aus Schäubles Ministerium hieß es dazu, solche Vorstellungen stünden für den Finanzminister jetzt nicht im Zentrum seiner Überlegungen.
Seitdem die Briten in ihrem Referendum am vergangenen Freitag für den EU-Austritt gestimmt haben, haben viele Spitzenpolitiker die Notwendigkeit sozialer Reformen in Europa betont. Damit solle das europäische Projekt fortentwickelt und weiteren möglichen Austrittsreferenden in anderen Ländern vorgebeugt werden. Besonders sozialdemokratische Politiker hatten sich in dieser Debatte positioniert.
So forderten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und sein französischer Amtskollege Jean-Marc Ayrault in einem gemeinsamen Papier, die Europäische Währungsunion solle zur Überwindung ihrer Krise "in eine neue Phase der wirtschaftlichen Konvergenz eintreten", bei der Solidarität und Pflichten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen müssten.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn forderte die EU am Mittwoch dazu auf, sich nicht mehr so sehr auf die Stabilitätskriterien für die Haushaltspolitik der einzelnen Länder zu konzentrieren und sich stattdessen mehr auf soziale Aspekte zu konzentrieren. Aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rückte mehrfach die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ins Zentrum. Alle betonten, es komme jetzt besonders auf die Einheit aller nach einem Brexit verbleibenden 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union an.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.comDJG/ank/kgb
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June 29, 2016 05:52 ET (09:52 GMT)
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